In der Not bricht der RWE-Chef Tabus
Die Energiewende belastet den Essener Konzern. Peter Terium halbiert die Dividende und streicht massiv Stellen.
Essen. Die Energiewende schüttelt RWE durch. Die bequemen Zeiten, als die großen Kraftwerksbetreiber mit ihrem Strom riesige Gewinne einfahren konnten, sind vorbei. Und das bekommen alle zu spüren — Beschäftigte, Top-Manager und Eigentümer. „Es gibt keinen Zweifel daran, dass uns schwere Zeiten bevorstehen“, sagt Vorstandschef Peter Terium.
Der Ökostromboom bringt das Geschäftsmodell der vier großen Versorger in Gefahr. Denn der Betrieb von Gas- und Steinkohlekraftwerken lohnt sich oft nicht mehr. Die Preise an der Leipziger Strombörse sind eingebrochen — von 55 Euro pro Megawattstunde vor zwei Jahren auf unter 40. Hinzu kommen Kosten wie die Steuer auf die Brennelemente für Atomkraftwerke, die Kosten für die Co2-Zertifikate und für die Suche nach einem Atomendlager.
Dabei steht dem Konzern das Schlimmste noch bevor. In diesem Jahr dürften die Gewinne noch einmal relativ stabil bleiben. Das liegt zum einen an einer einmaligen Rückzahlung eines Milliardenbetrags vom russischen Gasriesen Gazprom. Zum anderen profitiert RWE bislang noch davon, den Strom seiner Kraftwerke bereits Jahre im Voraus verkauft zu haben. Doch dieser Effekt wird nun immer kleiner. Im kommenden Jahr und noch heftiger 2015 dürfte die Krise bei RWE dann auch voll in der Bilanz ankommen.
Gleichzeitig sind die hohen Schulden zum Problem geworden. Diese liegen bei 35 Milliarden Euro. Bislang konnte der Konzern angesichts der stabilen Lage auf niedrige Zinsen bauen. Doch nun sind auch die Ratingagenturen alarmiert und überdenken ihre Einschätzungen.
In der Not bricht der erst seit gut einem Jahr amtierende Vorstandschef Tabus. So halbiert er die Dividende schon für dieses Jahr, in dem ja eigentlich noch ein ordentlicher Gewinn erwartet wird. Doch mit Blick auf die Zukunft und die hohen Schulden kann sich der Konzern eine so üppige Vergütung nicht mehr leisten. An der Börse hat sich der Wert von RWE halbiert, seit die Bundesregierung 2011 nach der Atomkatastrophe von Fukushima den Ausstieg aus der Kernkraft angekündigt hat.
Die Dividendenkürzung gilt auch als Signal für die Beschäftigten. Der Konzern will sein Sparprogramm verschärfen. Inklusive der angestrebten Verkäufe von Unternehmensteilen könnten am Ende 50 000 der derzeit knapp 69 000 Stellen übrigbleiben, schreibt das „Handelsblatt“. Zudem drängt der Konzern auf mehrere Nullrunden beim Gehalt und riskiert damit Streit mit der Gewerkschaft. Nullrunden würden die Beschäftigten nicht mitmachen, sagte ein Verdi-Sprecher.
Über allem steht die Frage, wie RWE künftig Geld verdienen will. Bereits bei der Hauptversammlung im Frühjahr hatten Aktionäre vom Vorstand klare Ideen vermisst. Um sich Luft zu verschaffen, möchte Terium die Öl- und Gasfördertochter Dea verkaufen. Damit würde RWE einen stabilen Ertragsbringer opfern. Bislang aber hält sich das Interesse des Marktes dem Vernehmen nach in Grenzen.