Indiens Diesel-Kehrtwende sorgt für Proteste
Neu Delhi (dpa) - Zwei Tage lang ging in dieser Woche auf einer der größten Zufahrtsstraßen in die indische Hauptstadt Neu Delhi so gut wie nichts mehr. Zehntausende Taxis verstopften die Verkehrsader in einer Protestaktion gegen den Obersten Gerichtshof des Landes.
Der hatte verfügt, dass nur noch mit Gas betriebene Taxis für Fahrten innerhalb der Stadt zugelassen sind. Geschätzte 50 000 Dieseltaxis müssen ab sofort draußen bleiben.
Dies ist nur der jüngste Schritt in Indien, mit denen das einst so dieselfreundliche Land gegen den Treibstoff vorgeht. Noch im Jahr 2012 fuhren fast 60 Prozent aller neu zugelassenen Pkw mit einem Dieselmotor. Großzügige Subventionen für den Kraftstoff machten ihn für die Mehrzahl der indischen Autofahrer zur günstigeren Alternative. Doch in nur wenigen Jahren hat sich der Wind gedreht. In dem Land, das laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) die meisten Städte mit der größten Luftverschmutzung der Welt hat, haben Politik und Gerichte Diesel schon Jahre vor dem Abgas-Skandal in den USA als einen der Übeltäter ausgemacht.
Im März 2016 hatten nach Angaben des indischen Automobilverbands SIAM noch knapp 40 Prozent der neu zugelassenen PKW einen Dieselmotor. Noch deutlicher wird der Rückgang, wenn man die Geländewagen und Kleinlaster aus der Statistik ausklammert, für die es keine Benzinvariante gibt. Wenn sie die Wahl haben, entscheiden sich inzwischen zwei von drei Pkw-Käufern in Indien für einen Benzinmotor.
Auch der Preisvorteil wird kleiner. Schon lange vor dem Abgas-Skandal in den USA hat die indische Regierung begonnen, Schritt für Schritt die Subventionen für Diesel zu senken. Im Jahr 2012 kostete ein Liter rund 34 Cent weniger als Benzin, heute noch gut 20.
Auf der anderen Seite stehen die Autobauer. Toyota hat für den Juni die Einweihung einer 130-Millionen-Euro-Einheit für Dieselmotoren angekündigt. Doch ausgerechnet das in Indien sehr beliebte Modell Innova ist von einem Zulassungsstopp für Dieselmotoren mit mehr als zwei Liter Hubraum in der Hauptstadt betroffen.
Die deutschen Anbieter halten sich mit Prognosen noch zurück. „Wir sehen eine gewisse Verunsicherung der Kunden im lokalen Markt der Hauptstadt“, sagt Audi-Sprecher Moritz Drechsel. Ansonsten entwickle sich der Dieselverkauf stabil. SIAM-Generaldirektor Vishnu Mathur sieht das kritischer: „Wenn die Hauptstadt weiter große Dieselmotoren diskriminiert, wird das auch im Rest des Landes die Stimmung beeinflussen.“
In der kommenden Woche steht eine weitere Sitzung des Obersten Gerichtshofs an. Dann entscheidet sich, ob der Zulassungsstopp in der Hauptstadt noch einmal verlängert wird.