Inflation sinkt auf unter zwei Prozent
Wiesbaden (dpa) - Die Inflation in Deutschland schwächt sich weiter ab. Erstmals seit Dezember 2010 sank die Teuerungsrate im Mai wieder unter die kritische Marke von 2 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag nach vorläufigen Berechnungen in Wiesbaden mitteilte.
Die Jahresteuerung ging von 2,1 Prozent im April auf 1,9 Prozent zurück. Die Statistiker begründeten den nachlassenden Preisauftrieb vor allem mit der Entwicklung bei Mineralölprodukten: Die Kraftstoffpreise seien erstmals in diesem Jahr gegenüber dem Vormonat gefallen, Heizöl wurde bereits im dritten Monat in Folge günstiger. Folglich sanken die Verbraucherpreise im Mai binnen Monatsfrist um 0,2 Prozent.
Nach Berechnungen der Unicredit steigen die Energiepreise im Jahresvergleich nur noch um rund 5 Prozent - im Herbst habe die Jahresteuerung noch mehr als 11 Prozent betragen.
Aus Sicht der Commerzbank wird der Abwärtstrend der Inflationsrate aber wohl nicht lange anhalten: „Durch die niedrige Arbeitslosigkeit und die höheren Lohnabschlüsse dürften die Verbraucherpreise bald auf breiter Front stärker steigen“, sagte Ökonomin Ulrike Rondorf voraus. Ihr Institut erwarte, dass die Inflationsrate in den kommenden Monaten nicht weiter fällt sondern um die Marke von zwei schwankt: „Im Jahresdurchschnitt 2012 dürften die Verbraucherpreise um 2,2 Prozent zulegen.“
Die Europäischen Zentralbank (EZB) strebt einen Wert von knapp unter 2 Prozent an, bei dem sie die Preisstabilität gewahrt sieht. Auch aus Rücksicht auf die Probleme der Peripherieländer dürfte die Notenbank die Zinsen noch einige Zeit auf dem Rekordtief von 1,0 Prozent belassen. Das sei vor allem für Deutschland nicht gut, erklärte Rondorf: „Die Inflation in Deutschland dürfte langfristig höher ausfallen als im letzten Jahrzehnt.“
Der Preisrückgang bei Öl und anderen Rohstoffen hat auch den Inflationsdruck durch den schwachen Euro geschwächt - zum Wohle Europas, wie Berenberg Bank-Volkswirt Christian Schulz betonte: „Niedrigere Inflationsraten in Deutschland sind gut für Europa, weil sie den deutschen Konsum anheizen und damit die Importe aus den Euro-Krisenländern stärken.“