IWF sieht stabilere Weltwirtschaft - doch Europa fällt zurück
Washington (dpa) - Trotz beharrlicher Krisen und neuer Turbulenzen hat sich die Weltwirtschaft nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) deutlich stabilisiert.
Der Zusammenbruch der Eurozone sei zuletzt ebenso verhindert worden wie ein Fiasko in der US-Schuldenpolitik, urteilt die Finanzorganisation in ihrem neuen Weltwirtschaftsausblick. Vor allem die Schwellenländer und Amerika profitierten von größerer Zuversicht, heißt es in dem Papier, das am Dienstag in Washington veröffentlicht wurde. Europa hingegen laufe Gefahr, vom Rest der Weltwirtschaft abgehängt zu werden.
Rund um den Globus werde das Wachstum dieses Jahr 3,3 Prozent betragen, prognostiziert der IWF. Das sind 0,2 Prozentpunkte weniger als der Fonds zuletzt errechnet hatte. Weil Italien (minus 1,5 Prozent) und Spanien (minus 1,6 Prozent) noch schwächer dastünden und auch Frankreich (minus 0,1 Prozent) in der Rezession sei, korrigierte der IWF die Zahlen für die Eurozone für 2013 leicht auf minus 0,3 Prozent nach unten. Auch für die USA und aufstrebende Staaten wie China gab es leichte Abwärtskorrekturen. Deutschland könne weiter mit einem um 0,6 Prozent größeren Bruttoinlandsprodukt rechnen.
Bessere Daten sieht der IWF für das kommende Jahr. Die Weltwirtschaft wird der Prognose zufolge 2014 voraussichtlich um 4,0 Prozent wachsen und damit so schnell wie seit 2011 nicht mehr. Zugpferde seien die Entwicklungsländer mit einem Wachstum von 5,7 Prozent sowie die USA mit 3,0 Prozent. Die Eurozone hingegen stehe mit einem Plus von 1,1 Prozent vergleichsweise schlecht da.
IWF-Chefökonom Olivier Blanchard nannte die Lage in Europa am Dienstag „besorgniserregend“. „Wir müssen alles tun, was möglich ist, um die private Nachfrage zu steigern.“ Zudem müsse der Bankensektor weiter gestärkt werden.
Statt der bisherigen Zweiteilung der Weltwirtschaft kristallisiere sich immer mehr eine „Erholung mit drei Geschwindigkeiten“ heraus, so Blanchard. Die Kombination aus Haushaltskürzungen, Exportrückgängen und geringer Zuversicht ließe Europa sichtlich hinter den Rest zurückfallen. Das seien schlechte Nachrichten für alle, weil „die Welt so sehr miteinander verwoben ist“, führte der Volkswirt aus. „Die Weltwirtschaft ist gewissermaßen so schwach wie ihr schwächstes Glied.“
Es sei wegen vieler ungelöster Probleme sogar fraglich, ob die reichen Kernstaaten in Europa den kriselnden Ländern an der Peripherie helfen könnten, sollte es dort zu neuen Turbulenzen kommen. Die deutsche Konjunktur etwa dürfte 2014 zwar um 1,5 Prozent wachsen und die französische um 0,9 Prozent. „Aber die externe Nachfrage ist nicht stark genug, um die schwache Binnennachfrage zu kompensieren“, so der IWF-Bericht. Ein Problem sei etwa, dass in den Krisenländern die niedrigen Kreditzinsen nicht an die Bürger und Mittelständler weitergereicht würden.
Etwas zufriedener als zuletzt zeigt sich der Währungsfonds mit den USA. Das Risiko „selbstzerstörerischer Untätigkeit“ im Kampf gegen einen Staatsbankrott erscheine mittlerweile gering. Allerdings müssten die Amerikaner endlich beginnen, die Staatsverschuldung mit langfristigen Maßnahmen in den Griff zu bekommen. Es sei „besorgniserregend“, dass die US-Politiker auch nach drei Jahre langer Debatte keinen glaubwürdigen Plan für Sozial- und Steuerreformen aufgestellt hätten.
Ein ähnliches Problem gebe es in Japan, wo die jüngste Lockerung der Geldpolitik die Wirtschaftslage nur kurzfristig verbessern werde, die Schuldenprobleme aber gewaltig sein. Insgesamt müssten sich die entwickelten Volkswirtschaften auf eine „längere Phase niedrigen Wachstums“ einstellen, so der IWF. Die aufstrebenden Staaten blieben dagegen die Wachstumslokomotiven. Allerdings müssten die Gesetzgeber dort ihre geldpolitischen Zügel wieder anziehen, um eine Überhitzung zu vermeiden und um künftig noch Spielraum zu haben.