IWF warnt vor US-Schulden

Johannesburg/Washington (dpa) - Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnt ungewöhnlich scharf vor den Gefahren der gigantischen US-Schulden für die Erholung der Weltwirtschaft.

Zwar komme der globale Aufschwung unerwartet gut voran, heißt es im Weltwirtschaftsbericht des IWF, der am Dienstag in Johannesburg vorgelegt wurde. Bleibe in den USA aber auf mittlere Sicht eine glaubhafte Budgetstrategie aus, könnte dies die US-Zinsen nach oben treiben. Das könnte „zu einem Störfaktor für die globalen Finanzmärkte und die Weltwirtschaft werden“. Auch die Euro-Zone müsse schnell ihre Haushalts- und Finanzprobleme in den Griff bekommen.

Für 2011 sagt der IWF dennoch ein weltweites kräftigeres Wachstum von 4,4 Prozent voraus, 0,2 Punkte mehr als bislang prognostiziert. Grund seien vor allem die jüngsten US-Maßnahmen zur Stützung der Konjunktur. Für 2012 rechnet die in Washington ansässige Institution mit einem Plus von 4,5 Prozent. Deutschland steht im Konzert der Industrieländer gut da - für das laufende Jahr geht der IWF von 2,2 Prozent Wachstum aus - 0,2 Punkte mehr als bislang angenommen. Allerdings hängen die Schwellenländer die Industriestaaten weit ab.

Die Neuverschuldung der USA sei mehr als doppelt so hoch wie in Europa, warnt der IWF. Die im Dezember beschlossenen Steuererleichterungen brächten zwar Wachstum, doch sei das Ausmaß gemessen an den beträchtlichen Einbußen an Staatseinnahmen gering. Das Defizit wird Schätzungen zufolge dieses Jahr knapp elf Prozent der Wirtschaftsleistung betragen, während die Gesamtschulden bis 2016 voraussichtlich 110 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen werden.

Für eine robuste Erholung seien am dringendsten zudem „umfassende und schnelle Maßnahmen“ nötig, um die Haushalts- und Finanzprobleme in der Euro-Zone zu bewältigen, mahnt der IWF. Den Europäern rät der Fonds, die Trägerin des EU-Rettungsschirms - die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität EFSF - wie auch den geplanten Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) mit genügend Geld auszustatten. Die Mittel müssten dann im Notfall flexibel eingesetzt werden können. Unterdessen solle die Europäische Zentralbank (EZB) weiterhin Liquidität zur Verfügung stellen „und bei Wertpapierkäufen aktiv bleiben, um zur Finanzstabilität beizutragen“.

Trotz der weltweiten Erholung gibt es aus Sicht des IWF noch etliche ungelöste Probleme und Stolpersteine: Dazu zählen neben der starken Verschuldung der Industrieländer auch das Ausbleiben umfassender Finanzreformen sowie die hohen Rohstoffpreise.

Der IWF spricht von einer globalen Wirtschaftserholung der zwei Geschwindigkeiten: Die Industriestaaten verzeichneten ein gedämpftes Wachstum mit hoher Arbeitslosigkeit und wiederkehrenden Krisen wie in der Euro-Zone. Für diese Länder sagt der IWF für 2011 und 2012 jeweils ein Wachstum von 2,5 Prozent voraus.

Hingegen brummt die Wirtschaft in Schwellen- und Entwicklungsländern wie China und Indien so sehr, dass laut Weltwährungsfonds schon Überhitzung droht und der Inflationsdruck klar wächst. Dort rechnet der Weltwährungsfonds mit einem Plus von satten 6,5 Prozent in diesem wie auch im kommendem Jahr.

Die „Erholung mit zwei Geschwindigkeiten ... haben Spannungen und Risiken zur Folge, die entschiedene politische Antworten erfordern“, betonte IWF-Chefökonom Olivier Blanchard in Johannesburg. Diese Märkte seien heute schon für 40 Prozent des weltweiten Verbrauchs verantwortlich und für mehr als zwei Drittel des globalen Wachstums: Sollte es Probleme in diesen Ländern geben, hätte das gravierende Auswirkungen auf die weltweite Erholung.

Denn trotz der globalen Erholung bleibt die Arbeitslosigkeit nach Berechnungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) auf Rekordniveau. 2011 dürften noch 203,3 Millionen Menschen auf der Welt ohne Arbeit sein, lediglich 1,7 Millionen weniger als voriges Jahr, heißt es im jüngsten Beschäftigungsbericht der ILO vom Dienstag. Eine durchgreifende Besserung sei global noch nicht in Sicht. Eine Ausnahme stelle lediglich Deutschland dar, weil mit Maßnahmen wie der Kurzarbeit die Arbeitslosigkeit erfolgreich gedrückt werden konnte.

Noch optimistischer als der IWF ist der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) für das Wachstum der heimischen Wirtschaft. Er erwartet für das laufende Jahr ein Plus von 2,5 Prozent, nach 3,6 Prozent im vergangenen Jahr. Zwei Drittel des Wachstums seien auf die Industrie zurückzuführen, deren Auftragsbücher größtenteils gut gefüllt seien. Auch die auf den Konsum gestützte Binnennachfrage werde zu einem immer wichtigeren Faktor für den Aufschwung, hob die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Nürnberg hervor. Nach einer Verschnaufpause im Dezember stieg die Kauflaune der Verbraucher in Deutschland wieder an und ist derzeit so gut wie seit Ende 2007.