JPMorgan muss sich auf 700-Millionen-Strafe einstellen
New York (dpa) - Das Debakel um einen 6,2 Milliarden Dollar hohen Spekulationsverlust dürfte JPMorgan Chase weiteres Geld kosten. Wie mehrere US-Medien am Montag (Ortszeit) berichteten, drohen Amerikas größter Bank nun auch noch Strafen wegen unzulänglicher Kontrollen über mehr als 700 Millionen Dollar (524 Mio Euro).
Die „Financial Times“ schrieb unter Berufung auf eingeweihte Personen sogar von mehr als 800 Millionen Dollar. Aufsichtsbehörden in den USA und Großbritannien wollten das Wall-Street-Haus für mangelhafte Risikokontrollen zur Verantwortung ziehen, berichteten unter anderem das „Wall Street Journal“ und die „New York Times“.
Die Strafen könnten im Rahmen von Vergleichen noch in dieser Woche verkündet werden, hieß es. Möglicherweise müsse die Bank dabei auch ein Fehlverhalten einräumen. JPMorgan und die Behörden äußerten sich nicht.
Eine Londoner Abteilung hatte den Milliardenverlust im vergangenen Jahr mit Derivategeschäften angehäuft. Einer der verantwortlichen Händler hatte wegen der marktbewegenden Größe der Spekulationen den Spitznamen „Wal von London“ verpasst bekommen. Das Ausmaß des Desasters blieb der New Yorker Zentrale lange verborgen.
Bankchef Jamie Dimon geriet in der Affäre unter Druck und nahm einen Gehaltseinschnitt in Kauf; letztlich blieb er aber fest im Sattel. Die zuständige Investmentchefin Ina Drew musste dagegen gehen. Erst im August klagte die Staatsanwaltschaft von Manhattan zudem zwei ehemalige Londoner JPMorgan-Banker an. Diese hätten die aufgelaufenen Verluste verschleiert, so der Vorwurf.
JPMorgan Chase galt zu Zeiten der Finanzkrise als amerikanisches Vorzeigeinstitut. Spätestens seit dem Spekulationsdesaster sind die New Yorker aber zur Zielscheibe der Bankenschelte geworden, zumal Dimon als einer der größten Kritiker der Wall-Street-Reform von Präsident Barack Obama gilt. Den eigentlichen Verlust hatte JPMorgan dabei gut verkraftet: Im vergangenen Jahr blieb trotzdem noch ein Rekordgewinn übrig.
JPMorgan muss derzeit an vielen Fronten kämpfen. Unter anderem stehen Vorwürfe von Betrügereien bei Hypothekenpapieren sowie beim Referenzzinssatz Libor im Raum. Wegen einer mutmaßlichen Manipulation des US-Strommarkts zahlte JPMorgan im Rahmen eines Vergleichs bereits 410 Millionen Dollar an die zuständige Aufsichtsbehörde, ohne indes eine Schuld einzuräumen. Zuletzt stockte JPMorgan seine Rücklagen für Rechtsstreitigkeiten um gut 1,5 Milliarden Dollar auf.