Kabinett erleichtert Stromanbieter-Wechsel
Berlin (dpa) - Verbraucher in Deutschland können künftig schneller zu einem billigeren Strom- und Gasanbieter wechseln. Die Regierung beschloss am Mittwoch die Verkürzung der Kündigungsfrist von vier auf zwei Wochen.
Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) will mit der Neuregelung einer Preistreiberei im Energiebereich vorbeugen. Bisher sind die meisten Bürger eher „Wechselmuffel“, obwohl die neuen Anbieter in der Regel den bürokratischen Aufwand übernehmen. Je nach Region liegt die Kündigungsquote bisher oft bei unter zehn Prozent.
Nach Angaben von Vergleichsportalen lassen sich durch einen Wechsel je nach Verbrauch teilweise mehr als 200 Euro pro Jahr sparen. In Deutschland gibt es rund 1100 Strom- und mehr als 800 Gasversorger. „Künftig wird der Wechsel des Grundversorgers deutlich einfacher sein“, betonte Rösler. Ziel sei es, den Wettbewerb zu fördern und dadurch die Preise für Strom- und Gaskunden stabil zu halten. Er sprach von „einem guten Tag“ für die Verbraucher.
Ein Wechsel des Lieferanten müsse künftig in maximal drei Wochen umgesetzt werden. Rösler betonte, er glaube nicht, dass es durch die Neuregelung zu mehr Streitfällen für die im November gestartete bundesweite Schlichtungsstelle Energie in Berlin kommen werde. Künftig kann die Versorgung durch den neuen Anbieter an jedem Werktag beginnen - und nicht mehr erst zum 1. des nächsten Monats.
Wenn der Bundesrat zustimmt, kann die Neuregelung ab März oder April gelten. Für Grundversorgungsverträge gelten die neuen Kündigungsfristen in der Grundversorgungsverordnung (GVV) mit Inkrafttreten der Änderungen. Bei Sonderkundenverträgen gelten die vertraglichen, nicht durch die GVV geregelten, Kündigungsfristen zunächst einmal fort. „Hier ist es Sache der Unternehmen, ob sie die vertraglich geregelten Kündigungsfristen an die der GVV anpassen“, betonte das Bundeswirtschaftsministerium.
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), der für hunderte Stadtwerke spricht, sieht die Regelung kritisch. Die Kunden müssten wegen der zweiwöchigen Kündigungsfrist und des dreiwöchigen Lieferantenwechsels womöglich zunächst kurze Zeit in der sogenannten Ersatzversorgung durch den örtlichen Grundversorger verbringen, sagte VKU-Hauptgeschäftsführer Hans-Joachim Reck. „Wichtig ist, dass der Wechsel für alle Beteiligten praktikabel und kostenneutral ist.“ Deshalb solle man die kurze Kündigungsfrist dringend überdenken.
Die neuen Energieanbieter, die gerade den Stadtwerken und anderen „Platzhirschen“ eine Ausbremsung des Wettbewerbs vorwerfen, begrüßten die Neuregelung. „Der Wechsel zu einem seriösen neuen, Anbieter wird dadurch noch einfacher und problemloser möglich sein als bisher“, sagte Robert Busch, Geschäftsführer des Bundesverbands Neuer Energieanbieter (BNE), der 35 Unternehmen vertritt. „Wer die Ratschläge der Verbraucherzentralen zum Anbieterwechsel beachte und eines der TÜV getesteten Internet-Vergleichsportale nutze, der sei beim Anbieterwechsel auf der sicheren Seite“, sagte Busch.
Die Linken-Politikerin Caren Lay nannte Röslers Reform einen „schwachen Trost“ gegen hohe Strompreise. Bisher würden zudem trotz aller Kampagnen nur 15 Prozent der Stromkunden wechseln. „Wir brauchen wieder eine staatliche Preisaufsicht, um Strompreise wirksam und verbrauchergerecht zu regulieren“, forderte Lay.