Statistisches Bundesamt „Kalte Dusche“ für die Industrie: Auftragszahlen gesunken
Wiesbaden (dpa) - In Deutschland ist der Auftragseingang in der Industrie einmal mehr enttäuschend ausgefallen. Die Zahl der neuen Aufträge sei im April um 2,5 Prozent niedriger ausgefallen als im März, teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit.
Dies ist der vierte Rückgang in Folge. Im Jahresvergleich gab es im April einen Rückgang um 0,1 Prozent. Analysten zeigten sich vor allem besorgt über die schwache Auftragsentwicklung im Inland und erklärten den Dämpfer unter anderem mit der jüngsten Debatte um Strafzölle.
Der Auftragseingang entwickelte sich damit auch zu Beginn des zweiten Quartals schwach. Im März war die Zahl der neuen Aufträge in den Industriebetrieben außerdem stärker zurückgegangen als bisher gedacht. Das Bundesamt revidierte den Rückgang im Monatsvergleich auf 1,1 Prozent, nachdem zuvor nur ein Rückgang um 0,9 Prozent gemeldet worden war.
Analysten wurden von den Daten überrascht. Sie hatten eine Erholung erwartet und waren im Monatsvergleich von einem Anstieg beim Auftragseingang um 0,8 Prozent ausgegangen. Seit Beginn des Jahres sind die Ordereingänge in den Industriebetrieben der größten europäischen Volkswirtschaft durchgehend gefallen.
„Eine weitere kalte Dusche“, kommentierte Chefvolkswirt Carsten Brzeski von der ING Diba-Bank die Auftragsdaten. Es werde immer schwieriger, die schwache Entwicklung mit Sondereffekten wie ungewöhnlich vielen Urlaubstagen zu erklären. Offenbar sei der schwache Jahresauftakt der deutschen Wirtschaft gravierender als bisher gedacht, warnte Brzeski.
Besonders schwach hat sich die Nachfrage aus dem Inland gezeigt. Hier meldete das Bundesamt für April einen Auftragsrückgang im Monatsvergleich um 4,8 Prozent. Die Auslandsaufträge fielen um 0,8 Prozent, die Auftragseingänge aus der Eurozone um 9,9 Prozent. Generell gab es deutliche Rückgänge bei den Bestellungen von Investitionsgütern.
„Die Entwicklung sieht nicht gut aus“, kommentierte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. Die Entwicklung sei besorgniserregend, und Gitzel vermutet die jüngste Debatte um Strafzölle als Ursache für den schwachen Auftragseingang. „Die Unternehmen in der Eurozone dürften verunsichert sein“, sagte der Experte.
Aus dem Bundeswirtschaftsministerium hieß es in einer ersten Stellungnahme, dass es schwer einzuschätzen sei, ob „die Verunsicherung aus dem außenwirtschaftlichen Umfeld“ eine Rolle gespielt habe. Aus Sicht der Bundesregierung habe sich „die absehbar ruhigere Entwicklung aus dem ersten Vierteljahr 2018 im April fortgesetzt“.
Experte Ralph Solveen von der Commerzbank wollte die Entwicklung ebenfalls noch nicht kritisch sehen und sprach von einem „Durchhänger“ in der deutschen Industrie, der weiter anhalte. Analyst Stefan Kipar von der BayernLB bleibt bei seiner Einschätzung, dass nach wie vor kein Ende des deutschen Aufschwungs in Sicht sei. Er rechnet weiter mit einem vergleichsweise starken Aufschwung, „sofern der globale Handelskonflikt nicht doch noch eskaliert.“