Arbeitsrecht Kann man sich gegen Dauerbeschallung am Arbeitsplatz wehren?
Gütersloh · Sobald die Chart-Hitliste durch ist, geht's wieder von vorne los: Wer sich am Arbeitsplatz dauerhaft mit Musik beschallen lassen muss, braucht starke Nerven.
Die Kollegen verbinden jeden Morgen das Smartphone mit der Bluetooth-Box und drücken auf Play: Mit Musik geht ihnen die Arbeit einfach leichter von der Hand. Und auch die Verkäuferin im Supermarkt muss während ihrer Schicht das Radio im Hintergrund erdulden. Können Arbeitnehmer sich gegen diese Art der Dauerbeschallung am Arbeitsplatz wehren?
„Formal genommen muss man hier die Dinge ein bisschen auseinandernehmen“, sagt Johannes Schipp, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Gütersloh. „Wenn man im Kaufhaus arbeitet, gilt die Musik als verkaufsförderndes Mittel. Da haben Arbeitnehmer eher keine Chancen, sich zu wehren.“
Die laute Musik am Nachbararbeitsplatz des Kollegen stehe aber nicht im direkten Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit. Mitarbeiter können dagegen vorgehen. In Betrieben, in denen es einen Betriebsrat gibt, kann das Problem eine Frage der Ordnung des Betriebs sein. Der Betriebsrat darf dann mitbestimmen, inwieweit es zulässig ist, dass Mitarbeiter etwa in der Produktion ihre Musik laufen lassen.
Dünne Rechtsprechung macht es Klägern schwer
In Paragraf 241 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sei zudem ein allgemeiner Grundsatz festgelegt, der besagt, dass man auf seine Mitmenschen Rücksicht nehmen muss. „Daraus könnte man unter Umständen etwas herleiten, die Rechtsprechung ist aber relativ dünn“, so der Fachanwalt.
Die Frage sei auch immer dann besonders relevant, wenn es um den Gesundheitsschutz geht. Die festgelegte Lärmgrenze knackt derartige Musik am Arbeitsplatz aber selten. „Dann wird es für Arbeitnehmer häufig sehr schwierig, gegen die Beschallung vorzugehen“, sagt Schipp.
Zur Person: Johannes Schipp ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Gütersloh und Vorsitzender des Geschäftsführenden Ausschusses Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein.