Karstadt nach Eigentümerwechsel vor harten Einschnitten
Berlin/Essen (dpa) - Bei der kriselnden Warenhauskette Karstadt übernimmt nun der Österreicher René Benko vom einstigen Hoffnungsträger Nicolas Berggruen. Was auf die Mitarbeiter zukommt, ist noch unklar.
Die Städte hoffen auf das richtige Konzept des neuen Eigentümers.
Nach dem Eigentümerwechsel bei Karstadt steht die angeschlagene Warenhauskette vor harten Einschnitten. Bereits am kommenden Donnerstag will der Aufsichtsrat nach bisherigen Planungen über ein Sanierungskonzept beraten. Angesichts der Bedeutung der Warenhäuser für die Innenstädte hofft der Deutsche Städtetag auf ein kluges Zukunftskonzept für Karstadt. Bereits Anfang der kommenden Woche soll der neue Eigentümer René Benko die Kontrolle bei Karstadt mit seinen rund 17 000 Mitarbeitern übernehmen.
Mittelfristig könnten 15 bis 20 Häuser geschlossen werden, schreibt die „Süddeutsche Zeitung“ unter Berufung auf das Umfeld Benkos. Bevor dies geschehe, wolle der Österreicher aber Haus für Haus auf Rentabilität prüfen. Ein Sprecher von Benkos Signa-Holding kommentierte den Bericht auf dpa-Anfrage nicht. Den „SZ“-Informationen zufolge will Benko zehn Jahre oder mehr bleiben und in das Unternehmen investieren. Er plane, Markenhändler als zusätzliche Mieter in die meisten Karstadt-Häuser zu holen und sie zu größeren Einkaufszentren umzubauen.
Am Freitag war bekanntgegeben worden, dass der bisherige Eigentümer Nicolas Berggruen die Kette an die Signa-Holding abgibt. Das Bundeskartellamt muss dem Deal noch zustimmen. Arbeitnehmervertreter forderten den neuen Eigentümer dazu auf, das Zukunftskonzept zu präsentieren und zeigen, dass er gewillt sei, ausreichend in das Unternehmen zu investieren.
Der Geschäftsführer der Signa Retail GmbH, Wolfram Keil, hatte am Freitag mitgeteilt: Wichtigstes Ziel sei es jetzt, dass im Warenhauskonzern Ruhe einkehre und die nächsten Schritte einer tragfähigen Sanierungsstrategie zügig beraten, verabschiedet und umgesetzt würden. Karstadt müsse „raus aus den Medien und der zermürbenden öffentlichen Diskussion“, erklärte Keil.
Aufsichtsratschef Stephan Fanderl hatte schon vor einem Monat einen harten Sanierungskurs angekündigt: Alles müsse bei Karstadt auf den Prüfstand gestellt werden. Das Unternehmen mache sich „berechtigte Sorgen um die Profitabilität“ von mehr als 20 Warenhäusern, hatte Fanderl der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ gesagt. Konkrete Schließungsbeschlüsse gebe es aber noch nicht.
Der Deutsche Städtetag hofft darauf, dass der neue Eigentümer ein kluges Zukunftskonzept vorlegt. „Die Städte brauchen attraktive Zentren und haben ein großes Interesse daran, dass es dem Einzelhandel vor Ort gut geht“, teilte der Hauptgeschäftsführer des Städtetags, Stephan Articus, auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa mit. „Denn Warenhäuser tragen zu lebendigen Innenstädten bei, ziehen Käufer an und nutzen auch dem Einzelhandel in ihrem Umfeld“, so Articus weiter. Sie seien außerdem wichtige Arbeitgeber. In der Vergangenheit habe sich gezeigt: „Wo Warenhäuser schließen müssen, sinken oft auch die Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe und kann ein Stück Lebensqualität der Bevölkerung verloren gehen.“
Der Deutsch-Amerikaner Berggruen hatte Karstadt 2010 für den symbolischen Preis von einem Euro aus der Insolvenz übernommen. Nun verkauft er die Kette für einen Euro an Benko. In der „Bild“ (Samstag) räumte Berggruen Fehler im Management von Karstadt ein. Gleichzeitig wies er allerdings Vorwürfe zurück, sich am Unternehmen bereichert zu haben. „Fakt ist: Karstadt war für uns kein gutes Geschäft, nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern auch mit Blick auf meinen Ruf in Deutschland“, meinte er. Mit seinem Komplettausstieg wolle er den Weg für einen Neuanfang freimachen. „Alle wissen, dass es so nicht weitergehen kann“, sagte er.