Kartellamt fordert Kontrolle über Wasserpreise
Bonn/Berlin (dpa) - Das Bundeskartellamt fordert eine flächendeckende Kontrolle der Wettbewerbshüter über die Wasserpreise in Deutschland. Die Bonner Behörde hat sich dazu als erstes den größten deutschen Versorger vorgeknöpft, die Berliner Wasserbetriebe.
Das Amt mahnte das Unternehmen am Montag ab und forderte, die Tarife in den nächsten drei Jahren um 19 Prozent zu senken. „Die Wasserversorgung ist eins der letzten großen Monopole in Deutschland“, sagte Kartellamtspräsident Andreas Mundt. Er forderte für die Kartellbehörden die Aufsicht über alle Wasserversorger. Doch die Branche wehrt sich dagegen, und auch der Berliner Fall ist rechtlich noch nicht geklärt.
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) wies Mundts Forderung zurück. Städte und Gemeinden entschieden im Interesse der Bürger: bei privat-rechtlichen Unternehmen über Preise, bei öffentlich-rechtlichen über Gebühren. Bislang darf das Kartellamt nur Preise kontrollieren, Gebühren prüft die Kommunalaufsicht.
Das soll aus Sicht des VKU wie auch des Verbands der Wasser- und Entsorgungswirtschaft so bleiben. „Sollen auch Gebühren für Kitas und kommunale Musikschulen zukünftig der Kontrolle der Kartellbehörden unterliegen?“, fragte der VKU. Mundt sagte: „Für den Verbraucher ist es völlig unerheblich, ob er Wasserpreise oder Wassergebühren zahlt.“ Der Gesetzgeber sei gefordert, die geteilte Aufsicht zu beenden.
Im konkreten Fall in Berlin haben die Bonner Beamten Preise mit Hamburg, München und Köln verglichen und deutlich höhere Erlöse in der Hauptstadt ermittelt. Außerdem wurden die Kosten verglichen und auch berücksichtigt, dass das Unternehmen nach der Wende viel Geld in die Sanierung des Leitungsnetzes gesteckt hat.
„Qualitativ hochwertiges Wasser ist in Berlin reichlich und gut zugänglich vorhanden“, hob das Amt hervor. „Die Bedingung der Wasserverteilung sind in Berlin ebenfalls sehr günstig.“ Derzeit werden in Berlin für Trink- und Schmutzwasser 4,63 Euro pro Kubikmeter fällig, hinzu kommt ein Grundpreis. Im Durchschnitt zahlt jeder Berliner etwa 220 Euro im Jahr.
Bis zum 11. Januar sollen die Wasserbetriebe zu der Abmahnung Stellung nehmen, dann ordnet das Kartellamt die Preissenkung an. Die Wasserbetriebe können aber dagegen klagen. Sie müssten ihre Tarife dann erst ändern, wenn es ein entsprechendes Urteil gäbe. Bereits jetzt wehrt sich das Unternehmen juristisch gegen die Überprüfung durch das Bundeskartellamt.
Das Verfahren liegt aktuell beim Oberverwaltungsgericht Düsseldorf (Az: 16 E 1096-11), eine Entscheidung ist nach den Worten eines Sprechers noch nicht absehbar. „Wir sind nicht gegen Veränderungen des Tarifs“, teilte Wasserbetriebe-Chef Jörg Simon mit. „Für uns ist aber die rechtliche Klarstellung unabdingbar.“Die Berliner Wasserbetriebe sind ein Sonderfall: Öffentlich-rechtlich organisiert, aber mit starkem privaten Anteil. RWE und Veolia halten 49,9 Prozent der Anteile und haben die unternehmerische Führung. Die übrigen Anteile hält das Land.
Der damalige Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) hatte 2010 das Bundeskartellamt angerufen. Zuvor hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Wettbewerbshüter Wasserpreise senken dürfen. „Die Berlinerinnen und Berlin können endlich mit sinkenden Wasserpreisen rechnen“, erklärte Wolf am Montag.
Außerdem werde eine Klausel aus dem Privatisierungsvertrag umgangen, die das Land verpflichtet, den privaten Anteilseignern entgangene Gewinne zu erstatten, sagte Wolf der Nachrichtenagentur dpa. „Aus einer Preissenkungsverfügung des Bundeskartellamtes folgt keine Ausgleichspflicht durch das Land, weil es sich beim Kartellrecht um Bundesrecht handelt.“
Die geforderte Preissenkung des Kartellamts bezieht sich auf die Durchschnittspreise pro Kubikmeter über alle Tarife hinweg und ohne Steuern und Abgaben. Die Behörde hatte Daten zur Wasserversorgung von allen 38 Städten in Deutschland mit mehr als 200 000 Einwohnern gesammelt und schließlich Hamburg, München und Köln als Vergleichsmaßstab herangezogen, da die Versorgungsbedingungen dort strukturell mit Berlin vergleichbar seien.