Kein Ende der Billiggeld-Schwemme - Fed ist vorsichtig

Washington/Tokio (dpa) - Die Brexit-Angst und die wackelige Konjunktur in großen Volkswirtschaften lassen Notenbanken vor einer Erhöhung der Zinsen zurückschrecken. In den USA schob die Federal Reserve eine Erhöhung des Leitzinses auf, auch die Währungshüter in Japan und der Schweiz sowie Großbritannien hielten still.

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In Washington spielte neben der Sorge um die wirtschaftlichen Folgen eines britischen EU-Austritts auch die schwache Entwicklung auf dem inländischen Arbeitsmarkt ein Rolle. Der Leitzins verharrt deshalb auf einem Niveau zwischen 0,25 und 0,5 Prozent.

„Die Indikatoren waren in letzter Zeit gemischt - das zeigt, dass unser vorsichtiger Ansatz angemessen ist“, sagte Fed-Chefin Janet Yellen am Mittwoch.

Sie sprach von „Gegenwind für die US-Wirtschaft“, auch aus dem Ausland. Diese Entwicklung könnte für „einige Zeit“ anhalten.

Das Thema Brexit wurde auf der Sitzung in Washington intensiv diskutiert. „Es ist einer der Faktoren, der zu unserer Entscheidung geführt hat“, sagte Yellen. Das Abstimmungsverhalten auf der Insel könne Konsequenzen für die globalen Finanzmärkte und die USA haben. „Das ist mit Sicherheit eine der Unsicherheiten“, meinte Yellen.

Sie zeigte sich auch zur heimischen Entwicklung skeptisch. „Das Tempo der Erholung auf dem Arbeitsmarkt ist merklich zurückgegangen“, betonte Yellen. Das Inflationsziel von 2 Prozent sei nicht erreicht.

Mit der Entscheidung vom Mittwoch erfüllten die Notenbanker die Erwartungen der Märkte, die mehrheitlich noch keine Anhebung im Juni erwartet hatten. Auch für Juli wird wegen der vorsichtigen Äußerungen Yellens von vielen Beobachtern nicht mit einer Erhöhung gerechnet.

„Ein klarer Kurs fehlt“, meinte der Chefvolkswirt der VP Bank in Liechtenstein, Thomas Gitzel. Er hält dennoch zwei Zinsanhebungen in diesem Jahr für möglich. Die Fed hatte im Dezember 2015 den Leitzins leicht um 0,25 Punkte erhöht, nachdem er zuvor seit der Finanzkrise Ende 2008 jahrelang auf einem Niveau nahe Null gelegen hatte.

Japans Billiggeld-Kurs hält ebenfalls an - die Zentralbank lockerte ihre Politik zumindest aber nicht weiter. Die Bank von Japan (BoJ) beließ den Leitzins bei minus 0,1 Prozent, das Wertpapier-Kaufprogramm wurde nicht aufgestockt. Der Dollar gab in Reaktion darauf zum Yen deutlich nach, was schädlich für die Exportindustrie der drittgrößten Volkswirtschaft ist. Dies wiederum belastete die Kurse an Tokios Börse: Der Nikkei-Index für 225 führende Werte sackte auf den tiefsten Stand seit vier Monaten ab.

In Marktkreisen wurde damit gerechnet, dass die BoJ die geldpolitischen Zügel nun bei ihrer nächsten Sitzung im Juli weiter lockert. Zwar hatte Japan im ersten Quartal einen Rückfall in eine Rezession vermieden. Doch steht die Erholung auf wackeligen Füßen.

Die Notenbank versucht verzweifelt, die jahrelange Deflation mit stetig fallenden Preisen zu überwinden und den Wachstumsmotor anzukurbeln. Im Januar hatte die BoJ wie zuvor die Europäische Zentralbank (EZB) Negativzinsen eingeführt, um Geschäftsbanken davon abzuhalten, Geld bei der Notenbank zu parken, anstatt sie als Kredite für Investitionen zu vergeben. Anders als in Japan ist der allgemeine Leitzins in der Eurozone aber noch nicht im Minus-Bereich, hier liegt er derzeit bei null Prozent.

Auch in der Schweiz setzt die Notenbank ihre lockere Geldpolitik fort. Die Schweizerische Nationalbank SNB hielt den Leitzins unverändert bei minus 0,25 bis minus 1,25 Prozent, für bei ihr geparktes Geld bei minus 0,75 Prozent. Im Fall eines Brexit wolle man am Devisenmarkt aktiv werden, um eine Franken-Aufwertung abzuwenden, kündigte SNB-Präsident Thomas Jordan am Donnerstag an. Man sei darauf eingestellt, dass es im Zuge des Referendums in Großbritannien am 23. Juni zu Unsicherheiten und Turbulenzen kommen könnte.

Die britische Notenbank hält ebenfalls an ihrem geldpolitischen Kurs fest. Wie die Bank of England in London mitteilte, beträgt der Leitzins weiterhin 0,5 Prozent. Auf diesem Niveau liegt der Leitzins seit mehr als sieben Jahren. Eine Änderung des Kurses galt schon wegen des ungewissen Ausgangs der Brexit-Abstimmung als höchst unwahrscheinlich.