Konjunktur: Wirtschaft mit Rückenwind

Deutsche sind in Kauflaune, die Auftragsbücher gut gefüllt.

München. Die deutsche Wirtschaft lässt sich von einem schwachen Jahresstart nicht aus der Bahn werfen. Vielleicht kommt der Aufschwung etwas später als erhofft — aber er kommt, sind viele Experten überzeugt. Gut gefüllte Auftragsbücher in der Industrie, die gute Kauflaune der Verbraucher und ein robuster Arbeitsmarkt: Das alles sind positive Signale für die Konjunktur, die in der zweiten Jahreshälfte wieder spürbar in Gang kommen dürfte. Im krisengeplagten Europa könnte die deutsche Wirtschaft damit der Fels in der Brandung bleiben.

Vor allem der überraschend deutliche Anstieg des Ifo-Geschäftsklimaindex von 104,4 auf 105,7 Punkte sorgte für vorsichtige Zuversicht bei Volkswirten. Große Sprünge erwarten die Experten dabei noch nicht, wie die Wachstumsprognosen für das laufende Jahr zwischen 0,2 und gut einem halben Prozent belegen. Verglichen mit dem Euro-Raum, der zurzeit in der Rezession steckt und auch im Gesamtjahr mit einem Minus abschließen dürfte, wäre das aber schon „respektabel“, schreibt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer.

Die Verbraucher lassen die harten wirtschaftlichen Fakten ohnehin weitgehend unberührt. Zwar stürzte die Konsumstimmung nach der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 in den Keller. Doch der Konsumklimaindex, der als Gradmesser für das Verbrauchervertrauen gilt, berappelte sich überraschend schnell. Inzwischen ist die Stimmung der Konsumenten trotz anhaltender Rezession im Euro-Raum wieder so gut wie im Spätsommer 2007, wie das Marktforschungsunternehmen GfK gestern meldete.

Konsumforscher erklären dies mit verschiedenen Faktoren: Zum einen sei die Schuldenkrise mit einer wahren Flut an Hiobsbotschaften, drohenden Staatspleiten, Rettungspaketen und gehebelten Rettungsschirmen derart komplex geworden, dass viele Menschen den Anschluss verloren hätten. Auch ging die Diskussion plötzlich um dreistellige Milliardenbeträge, selbst Billionen Euro standen im Raum — Summen, die sich die meisten gar nicht mehr konkret vorstellen können. Die Folge: Viele Bürger klinkten sich aus der Thematik aus.

Zumal die Deutschen im Gegensatz zur Bevölkerung der Problemländer in ihrem persönlichen Umfeld bis heute wenig von der Krise spüren. Im Gegenteil: Die wichtigsten Faktoren für die Ausgabefreudigkeit des Einzelnen — das Einkommen und die Sicherheit des Jobs — sind ausnehmend positiv. So ergaben die jüngsten Tarifabschlüsse deutliche Lohnzuwächse. Der Arbeitsmarkt stagniert nach drei Boomjahren zwar seit vergangenem Herbst, doch liegt die Beschäftigung weiterhin auf Rekordniveau. Ein ungefährdeter Arbeitsplatz ermöglicht Planungssicherheit für größere Ausgaben.

Hinzu kommt, dass es wegen der niedrigen Zinsen derzeit ohnehin unattraktiv ist, das Geld zur Bank zu tragen: Für Sparguthaben gibt es so gut wie keine Zinsen, so dass Vermögen auf dem Sparbuch oder dem Tagesgeldkonto selbst bei der aktuell niedrigen Inflation angenagt werden. Viele setzen deshalb auf Immobilien oder andere werthaltige Anschaffungen.