Konjunkturoptimismus steigt zusehends
Berlin (dpa) - Die deutsche Wirtschaft läuft sich nach Überzeugung wichtiger Forschungsinstitute für einen spürbaren Aufschwung warm. Deswegen hoben das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) und das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) am Donnerstag ihre Vorhersagen für 2013 und 2014 deutlich an.
Uneins sind sich die Ökonomen aber noch darüber, in welchem Tempo die Erholung verläuft.
Nach der neuen IWH-Prognose dürfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im laufenden Jahr um 1,3 Prozent zulegen, nach 0,7 Prozent im vergangenen Jahr. Für 2014 trauen die IWH-Ökonomen der deutschen Wirtschaft sogar 2,4 Prozent Wachstum zu. Die Forscher begründen ihren Optimismus mit der stetig besseren Stimmung in den Unternehmen, die sich in einem seit November steigenden ifo-Geschäftsklimaindex ausdrückt.
Mit ihrer neuen Prognose sind das IWH gemeinsam mit dem Forschungsinstitut Kiel Economics aktuell die größten Optimisten unter den Ökonomen. Verhaltener fällt die Vorhersage des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) aus. Es setzte seine Wachstumsprognose für das laufende Jahr von 0,3 auf 0,6 Prozent herauf. Im nächsten Jahr erwartet das Institut unverändert 1,5 Prozent Wachstum.
Am unteren Ende rechnen derzeit die Deutsche Bundesbank und die Bundesregierung für 2013 nur mit 0,4 Prozent Wachstum. Die EU-Kommission hatte noch Ende Februar ihre Prognose für Deutschland von 0,8 Prozent auf 0,5 Prozent reduziert.
„In den ersten Monaten des Jahres 2013 haben sich die konjunkturellen Perspektiven für Deutschland aufgehellt“, schreibt das IWH. Die Ankündigung der Europäischen Zentralbank (EZB) vom vorigen Sommer, im Notfall Anleihen der Euro-Krisenländer zu kaufen, habe zu einer Entspannung an den Finanzmärkten geführt. Zudem habe sich die Weltkonjunktur insgesamt etwas belebt. „Ein deutlicher Produktionsanstieg scheint sich insbesondere in den asiatischen Schwellenländern abzuzeichnen.“
Das IfW spricht in seiner Analyse indes davon, dass sich die Konjunktur nur langsam erholt. Mit einem raschen Anspringen des Investitionsmotors sei nicht zu rechnen; erst allmählich werde die abwartende Haltung der Investoren überwunden. Auch der Export bringt die deutsche Wirtschaft demnach nicht mehr nach vorn. „Vom Außenhandel gehen, anders als in den Vorjahren, sogar leicht negative Impulse auf die Expansion aus“, schreiben die Kieler Forscher. Gestützt werde die Konjunktur dagegen von den privaten Konsumausgaben, die von sinkenden Abgaben stimuliert werden und darüber hinaus von einem robusten Arbeitsmarkt profitieren.
Die Bewältigung der Schuldenkrise kommt nach Einschätzung von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) derweil weiter voran. „Die Krise ist noch nicht vorüber“, gibt er zwar zu bedenken. Es seien aber erhebliche Fortschritte erzielt worden, sagte Schäuble in Berlin. Die Unterschiede bei der Wettbewerbsfähigkeit seien kleiner geworden. Die durchschnittliche Neuverschuldung aller Euro-Länder sei in den vergangenen drei Jahren halbiert worden. Damit sind nach Schäubles Worten die Vereinbarungen der Top-Wirtschaftsmächte zum Defizit- und Schuldenabbau eingehalten worden.
Die wachsende Nachfrage aus Nicht-EU-Ländern hat derweil die deutsche Exportwirtschaft 2012 auf Rekordkurs gehalten. Im vierten Quartal 2012 stiegen die Ausfuhren in sogenannte Drittländer um 4,2 Prozent auf 118,0 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Die Exporte insgesamt erhöhten sich gegenüber dem Vorjahresquartal hingegen nur um 1,3 Prozent auf 271,4 Milliarden Euro. Im Gesamtjahr 2012 waren die deutsche Exporte um 3,4 Prozent auf den Rekordwert von 1,097 Billionen Euro geklettert.
Dass das Plus zum Jahresende nicht höher ausfiel, lag vor allem an dem schwächelnden Geschäft im Euroraum: Die Exporte in die kriselnden Partnerländer sanken um 2,1 Prozent auf 101,1 Milliarden Euro. Die Lieferungen nach Italien beispielsweise schrumpften kräftig um 9,5 Prozent auf 13,4 Milliarden Euro. Die Ausfuhren in die EU-Staaten, die nicht dem Euroraum angehören, nahmen hingegen um 1,7 Prozent auf 52,4 Milliarden Euro zu.
In Übersee kauften einmal mehr Kunden in den USA die meisten Waren „Made in Germany“. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stiegen die Exporte in die Vereinigten Staaten im vierten Quartal 2012 um 9,0 Prozent auf 21,5 Milliarden Euro. Die Exporte nach Russland legten um 6,6 Prozent auf 9,7 Milliarden Euro zu. Hingegen wurden sowohl nach China (minus 6,1 Prozent auf 15,7 Mrd Euro) als auch nach Indien (minus 13,8 Prozent auf 2,5 Mrd Euro) und Brasilien (minus 2,2 Prozent auf 2,7 Mrd Euro) weniger Waren geliefert als ein Jahr zuvor.