Kopf-an-Kopf-Rennen der deutschen Autohersteller
Detroit (dpa) - Der Sieger im Kopf-an-Kopf-Rennen der deutschen Premiumautobauer heißt einmal mehr BMW: Die Münchner verkauften 2010 weltweit 1,22 Millionen Autos (plus 14,6 Prozent) und damit etwas mehr als Erzrivale Mercedes.
Dessen Kunden wollten 1,16 Millionen Autos haben, 15,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Laut den auf der Detroiter Motormesse vorgelegten Zahlen landete Audi auf Rang drei mit annähernd 1,09 Millionen Fahrzeugen - ebenfalls ein Plus von 15 Prozent.
In diesem Jahr soll der Audi-Absatz auf 1,2 Millionen Fahrzeuge steigen, wie Chef Rupert Stadler sagte. Bis 2015 sollen es weltweit 1,5 Millionen sein. Auf dem US-Markt will Audi 2011 erneut zweistellig wachsen. 2010 hatte der Premiumhersteller die Verkäufe in den USA um fast 23 Prozent gesteigert und erstmals die 100 000er- Marke geknackt. Sollte die Kurve auch in den nächsten Jahren weiter nach oben zeigen, wird eine Audi-US-Produktion wahrscheinlicher.
Hinter den auftrumpfenden Premiumproduzenten verblassten die Zahlen, die Opel mit nach Detroit brachte: Die Rüsselsheimer verkauften 2010 knapp unter 1,2 Millionen Autos. „Das ist ungefähr so viel wie im Vorjahr und kein Rekord“, sagte Chef Nick Reilly in Anspielung auf die herausragenden Zahlen der anderen Hersteller.
Reilly begründete die „mäßige Entwicklung“ mit Nachwehen der Abwrackprämien in mehreren europäischen Ländern, von denen Opel 2009 profitiert hatte. Anders als die Konkurrenz konnte die Tochter des US-Konzerns General Motors (GM) auch nicht vom Absatzboom in Asien und Amerika profitieren. Außerhalb Europas wurden 2010 weniger als 10 000 Opel verkauft.
Nach ersten Schätzungen machte Opel 2010 einen Verlust von rund 1,4 Milliarden Euro. In diesem Jahr soll operativ wieder die Gewinnschwelle erreicht werden - nach Restrukturierungskosten wird aber noch einmal ein Minus von 500 Millionen Euro erwartet. Selbst dafür müsse Opel etwa 1,3 Millionen Fahrzeuge verkaufen, sagte Reilly. Im kommenden Jahr will der Hersteller wieder Geld verdienen. Andernfalls könnte das Spiel um die Opel-Zukunft von vorne beginnen. Denn das Management in Detroit ist nicht gerade begeistert von den roten Zahlen in Europa, wie Reilly zugibt: „Jeder will das Europageschäft zurück in den schwarzen Zahlen sehen. Es gibt eine natürliche Ungeduld.“
General Motors selbst will nach dem Erfolg des Chevrolet Volt weitere Elektroautos auf die Straße bringen. „Wir planen, die Technologie auch in andere Modelle zu packen“, sagte Strategiechef Stephen Girsky. Um welche Autos es sich handele, behielt er für sich. „Keine Pick-up-Trucks“, verriet Girsky allerdings. Die Dickschiffe sind besonders beliebt in den USA und gleichzeitig umstritten wegen ihres Spritverbrauchs.
Mit dem Volt hatte GM einen Überraschungserfolg gelandet. Die nordamerikanischen Autojournalisten kürten den Stromer zum Wagen des Jahres. „Vor ein paar Jahren wollten die Leute mit Elektroautos nichts zu tun haben und heute ist die Produktion des ersten Jahres schon ausverkauft“, sagte Girsky. 10 000 Volt rollen in diesem Jahr vom Band, in den folgenden Jahren sollen es aber schon deutlich mehr werden. Der Volt kommt im Herbst auch in Europa auf den Markt - zeitgleich mit dem Schwestermodell Opel Ampera.
Zuwachs bekommt auch der Hybrid-Verkaufsschlager Prius von Toyota: Der japanische Autokonzern stellt eine ganze Modellfamilie auf die Räder. Dem klassischen Kompaktwagen sollen unter anderem ein kleiner Van und am Ende vielleicht sogar einer der in den USA so beliebten Pick-up-Trucks zur Seite stehen. „Wir sind offen für alles“, sagte Toyota-Manager Robert Carter. Der Prius ist der mit Abstand meistverkaufte Hybridwagen. Die Konkurrenz drängt mit neuen Modellen aber immer mehr in Toyotas angestammtes Gebiet. Die Japaner setzen dem nun die Prius-Familie entgegen. Ob die Fahrzeuge auch nach Europa kommen, ist unklar.
Beim Thema Lkw brachte Detroit eine Überraschung für Volkswagen, denn Fiat drehte den Spieß um: Konfrontiert mit ständigen Spekulationen, VW wolle die sportliche Marke Alfa Romeo kaufen, meldete Fiat-Chef Sergio Marchionne kurzerhand Interesse an den Lastwagen-Beteiligungen der Deutschen an. Wenn sich VW von seinen Anteilen an MAN und Scania trennen wollte, stünde Fiats Nutzfahrzeugsparte bereit, sagte Marchionne. Alfa Romeo wolle er jedenfalls nicht hergeben, wiederholte er: „Wir haben kein Interesse daran, zu verkaufen.“
Volkswagen will sich bis 2018 zum größten Autobauer der Welt aufschwingen. Gleichzeitig mischen die Wolfsburger seit der Mehrheitsübernahme von Scania und dem Einstieg bei MAN auch groß im Lkw-Markt mit. „Unsere Pläne für die Zusammenarbeit zwischen Volkswagen, MAN und Scania sind klar“, sagte Konzernchef Martin Winterkorn in Detroit. „Die Frage ist nur, wann und wie wir sie umsetzen.“