Kreditgebühren: Harsche Kritik an den Banken
Berlin (dpa) - Wenige Tage vor Ablauf der Verjährungsfrist verweigern viele Banken nach Beobachtung von Verbraucherschützern ihren Kunden trotz klarer Urteile die Erstattung unrechtmäßiger Kreditgebühren.
„Es gibt ein paar wenige, die vorbildlich zurückzahlen. Viele mauern, viele versuchen, das Urteil wie einen Schweizer Käse auszuhöhlen und irgendwelche Ausnahmen zu finden, warum sie nicht zahlen“, sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. „Das ist aus unserer Sicht aber schlicht nicht in Ordnung.“ Bei Beschwerdestellen der Banken gingen die Fallzahlen in den vergangen Wochen sprunghaft nach oben.
Ende Oktober hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass Kunden auch nach Jahren noch unzulässige Gebühren zurückfordern können (Az.: XI ZR 348/13 und 17/14). Bereits zuvor hatte sich Karlsruhe mit der bis dahin höchst umstrittenen Frage der Kreditgebühren beschäftigt und zugunsten von Bankkunden entschieden. Nach dem jüngsten Spruch des 11. Zivilsenats gelten die Rückforderungsansprüche für Extrazahlungen, die zwischen 2004 und 2011 bei der Aufnahme von Krediten geleistet worden waren. Allerdings muss man speziell bei 2004 geschlossenen Verträgen genau auf das Abschlussdatum schauen. Denn hier läuft die zehnjährige Höchstfrist in diesen Tagen ab. Alle andere Betroffenen müssen ihre Ansprüche bis zum 31. Dezember 2014 geltend machen.
Konkret ging es darum, dass Banken neben Zinsen kein gesondertes Bearbeitungsentgelt von ihren Kunden kassieren dürfen. Etliche Verbraucher hatten gegen entsprechende vorgefertigte Klauseln in ihren Verträgen geklagt.
Da das Urteil erst Ende Oktober fiel, ist die Zeit also knapp. Vzbv-Chef Müller kritisiert: „Die Jahresendrally, die an der Börse ja ganz witzig sein mag, ist sowohl für die Banken und Institute wie für die Verbraucher schlicht eine Zumutung“, betonte Deutschlands oberster Verbraucherschützer. Hier sei eine gesetzliche Änderung nötig, die mehr Zeit einräume.
Die Deutsche Kreditwirtschaft als Dachverband der fünf Bankenverbände betonte auf Anfrage, die Institute berücksichtigten natürlich die geltende Rechtslage und passten sich der laufenden höchstrichterlichen Rechtsprechung an. Zudem hätten viele Banken bereits vor den BGH-Entscheidungen mit ihren Kunden in Kontakt gestanden, um das Anliegen einvernehmlich zu regeln. Man gehe zudem davon aus, dass berechtigte Ansprüche entsprechend erfüllt würden.
Die Beschwerdestellen der Banken haben nach dem jüngsten BGH-Urteil alle Hände voll zu tun. In den vergangenen Wochen stieg die Zahl der Beschwerden von Bankkunden sprunghaft an. Das bestätigten mehrere große Bankenverbände am Freitag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor hatte die „Süddeutsche Zeitung“ darüber berichtet. Allein bei der Beschwerdestelle der privaten Banken gingen nach Angaben einer Sprecherin seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) Ende Oktober mehr als 20 000 Beschwerden zum Thema Kreditgebühren ein. Normalerweise sind es nach ihren Worten pro Jahr zwischen 6000 und 8000 Beschwerden. Auch andere Verbände bestätigten steigende Fallzahlen.
Wie groß das Volumen der Rückforderungen insgesamt ist, konnte die Kreditwirtschaft nicht sagen. Verbraucherschützer Müller schätzt es auf rund zehn Milliarden Euro.
Die Stiftung Warentest sieht das Problem ähnlich wie Müller und verweist auf Tücken im Detail: „Mitunter wird zwar die Bearbeitungsgebühr erstattet, nicht aber die dafür fällig gewordenen Zinsen, die laut dem BGH auch fällig werden“, erläuterte Christoph Herrmann, Rechtsexperte der Stiftung Warentest. Auch Markus Feck von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen kennt solche Fälle aus der Praxis: Ihn ärgert besonders, dass immer wieder Banken, die gerade ihre Nähe zur Kundschaft betonten, die Erstattung ablehnten. „Sie sagen ganz einfach: Die Rechtsprechung betrifft uns nicht.“