Krisen und Konjunkturskepsis dämpfen Kauflaune der Deutschen
Nürnberg (dpa) - Internationale Krisenherde und die wachsende wirtschaftliche Unsicherheit trüben die Stimmung der deutschen Verbraucher. Auch in anderen Euroländern nimmt die Skepsis zu. Hierzulande schwächte sich die Konsumlaune im September weiter ab, wie die Studie des Marktforschungsunternehmens GfK zeigt.
Die lange anhaltende Hochstimmung unter den deutschen Verbrauchern schlage zunehmend in Verunsicherung um. „Trotzdem bewegt sich das Konsumklima weiterhin auf hohem Niveau“, betonte GfK-Konsumforscher Rolf Bürkl.
Die Experten befragten für ihre jüngste monatliche Umfrage wieder rund 2000 Verbraucher. Noch im Juli hatte das Konsumklima den höchsten Wert seit Ende 2006 gezeigt.
Inzwischen zögerten Verbraucher auch stärker mit größeren Ausgaben, erklärten die Experten. Auch im Nachbarland Frankreich seien die Käufer bei größeren Anschaffungen etwas zurückhaltender, insgesamt blieb die Konsumlaune aber stabil, wie aus den Zahlen der nationalen Statistikbehörde Insee für September hervorgeht. In Frankreich schwächelt die Wirtschaft deutlich stärker als in Deutschland.
Die GfK-Studie zeigt, dass die Verbraucher in Deutschland bei den Konjunkturaussichten erneut pessimistischer eingestellt sind. Viele Haushalte rechneten inzwischen nicht nur mit einer Konjunkturflaute. Sie stellten sich für die nächste Zeit auch auf ein geringeres Einkommen ein.
Vor allem beim Kauf von Möbeln und Unterhaltungselektronik gebe es eine etwas stärkere Kaufzurückhaltung als im zweiten Quartal, berichtete Bürkl. Schon länger geplante Autokäufe würden hingegen nur wenige Verbraucher aufschieben.
Die GfK-Experten führen die Zurückhaltung vor allem auf die „angespannte geopolitische Lage“ zurück. Die Krisen und Kriege im Nahen und Mittleren Osten sowie der anhaltende Konflikt in der Ost-Ukraine verunsicherten viele Verbraucher.
Die Käufer befürchteten, dass die Folgen der Krisen über kurz oder lang auch die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland überschatten könnten. „Die Verbraucher sehen eine ganze Reihe von Krisenherden, darunter auch die Ebola-Epidemie in Afrika, die ebenfalls psychologisch für eine Verunsicherung bei den Verbrauchern sorgt“, erklärt Bürkl.
Bürkl verwies auch auf die weitere Verschlechterung des Ifo-Geschäftsklimas. Das wichtigste deutsche Konjunkturbarometer war im September bereits den fünften Monat in Folge gesunken - auf den niedrigsten Stand seit knapp anderthalb Jahren. „Auch die Unternehmen glauben nicht mehr an ein kräftiges Wachstum in der zweiten Jahreshälfte.“
Auch in Italien, der drittstärksten Euro-Wirtschaft nach Deutschland und Frankreich, beurteilten die Unternehmen die konjunkturellen Aussichten immer verhaltener. Der Statistikbehörde Istat zufolge sank das Geschäftsklima im September um 0,3 Punkte auf 95,1 Zähler. Der Wert lag damit so tief wie seit August 2013 nicht mehr.
Die Einkommenserwartung der Verbraucher in Deutschland fiel im fast gleichen Umfang wie die Bereitschaft zu größeren Anschaffungen - nämlich um knapp 7 Punkte. Der Wert für die Einkommenserwartung sackte auf 43,4 Punkte, die Anschaffungsneigung liegt nun bei 42,5 Punkten.
Auch schwindet bei vielen Verbrauchern weiter das Vertrauen in die Konjunktur, wenn auch nicht mehr so stark wie im August. Entsprechend rutschte der Konsumklimaindex in der Vorausschau für Oktober um 0,3 Punkte auf einen Wert von 8,3. Dies ist der niedrigste Wert seit Februar.
Konsumforscher Bürkl warnte allerdings vor einer Überbewertung dieser Entwicklung. Vor allem die Psychologie spiele eine große Rolle. Denn objektiv betrachtet hätten die Verbraucher dank der guten Tarifabschlüsse in diesem Jahr sogar mehr Geld in der Tasche als im Vorjahr.
Etwas widersprüchlich sei auch: Die Verbraucher äußerten einerseits bei Käufen Zurückhaltung. Zugleich sagten sie aber, dass sie auch weniger sparen wollten - offensichtlich eine Reaktion auf die Null-Zins-Politik der Europäischen Zentralbank.
Grundsätzlich bewege sich die Verbraucherstimmung aber trotz leichter Rückschläge in den Vormonaten auf einem hohen Niveau, gab Bürkl zu bedenken. „Es besteht zwar eine gewisse Verunsicherung. Aber die Verbraucher sind deshalb in keinen Konsumstreik getreten.“
Trotz der leicht eingetrübten Konsumlaune bleiben die deutschen Verbraucher nach GfK-Einschätzung vorerst eine wichtige Konjunkturstütze. „Wir gehen trotz der schwierigeren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen davon aus, dass der private Konsum in diesem Jahr um 1,5 Prozent wachsen wird“, sagte Bürkl der Nachrichtenagentur dpa. Die Jahresprognose von 1,5 Prozent sei weiterhin „realistisch und erreichbar“. Die aktuelle Entwicklung sei in seinen Augen mehr eine Delle als eine Trendwende.