Poker um Krisen-Airline Lufthansa will Air Berlin - aber ohne Schulden

Hamburg/Frankfurt (dpa) - Die Lufthansa will ihren nationalen Konkurrenten Air Berlin komplett übernehmen. Unternehmenschef Carsten Spohr sieht allerdings zuvor den Air-Berlin-Großaktionär Etihad in der Pflicht, Air Berlin zu entschulden.

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„Die Schuldenfrage kann nur Abu Dhabi lösen“, sagte Spohr am Rande der Hauptversammlung in Hamburg. Das sei auch den dortigen Verantwortlichen klar. Spohr hatte am vergangenen Montag im Gefolge von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Gespräche in dem Emirat geführt.

Die kartellrechtlichen Probleme bei einer Übernahme der deutschen Nummer zwei durch die Nummer eins bezeichnete Spohr als „lösbar“. Schließlich hätten in der Vergangenheit auch British Airways und Air France kleinere nationale Konkurrenten übernehmen dürfen. Die Lösung der kartellrechtlichen Probleme liege klar in der Verantwortung der Lufthansa.

Die kriselnde Air Berlin hat Schulden von rund 1,2 Milliarden Euro angehäuft und in diesem Jahr weitere hohe Millionenspritzen der Etihad erhalten. Spohr zeigte sich zufrieden, dass die Berliner mit der Air Berlin Aeronautics GmbH eine zweite Fluggesellschaft gründen, in welche die 38 bereits an die Lufthansa vermieteten Jets verlagert werden könnten. Diese Konstruktion sei aber erst im Herbst funktionsfähig, sagte Spohr.

Die verbliebene Air Berlin mit noch 75 Jets könnte nach den Plänen in die Lufthansa-Billigtochter Eurowings integriert werden. Sie sei schon jetzt der Wachstumstreiber im Konzern und werde bis zum Jahresende 160 Flugzeuge umfassen, kündigte Spohr vor den Aktionären an.

2018 soll die bislang noch defizitäre Airline dann in die Gewinnzone fliegen. Der Aktionärsvertreter Ingo Speich von der Anlagegesellschaft Unioninvest warnte Lufthansa allerdings vor weiteren riskanten Zukäufen in Italien und Skandinavien: „Alitalia und SAS müssen tabu sein.“

Der Lufthansa-Chef zeigte sich optimistisch, die im ersten Quartal gestiegenen Betriebskosten bei den Konzern-Airlines im Laufe des Jahres absenken zu können. Lufthansa habe im betriebsschwachen ersten Quartal viele Wartungen vorgezogen und durch die hohe Auslastung der Jets zusätzlichen Aufwand leisten müssen. Das werde sich im Laufe des Jahres glätten. Wegen unsicherer geopolitischer Entwicklungen und steigender Treibstoffkosten werde das Ergebnis trotz aktuell guter Buchungslage leicht unter dem Rekordjahr 2016 erwartet.

„Als größte Enttäuschung des Jahres“ bezeichnete Spohr das Vorgehen des Flughafenbetreibers Fraport, der dem Billigflieger Ryanair in Frankfurt starke Gebührenrabatte eingeräumt hat. In Verhandlungen mit der Fraport strebe man in der Summe ähnliche Kostenvorteile an, wie sie den Iren gewährt worden seien, teilte die Lufthansa mit.

Von den Aktionären gefeiert wurde Spohr für die Tarifeinigung mit den Piloten. Sie werde wegen der Umstellung der Betriebsrenten in der Bilanz eine Entlastung im hohen dreistelligen Millionenbereich bringen, sagte der Firmenchef. Die Streiks hätten Lufthansa seit 2014 rund 400 Millionen Euro gekostet. Mit der Einigung werde diese Summe innerhalb von drei bis vier Jahren mehr als eingespart.

Die Hauptversammlung nahm den Dividendenvorschlag von 50 Cent je Aktie mit 99,8 Prozent Zustimmung an und entlastete Vorstand sowie Aufsichtsrat.