Massiver Kurseinbruch in Tokio drückt Börsen weltweit
Tokio (dpa) - Ein erneuter Kurseinbruch in Tokio hat am Donnerstag die Talfahrt der Aktienmärkte weltweit beschleunigt.
Schon am Abend zuvor reagierte die New Yorker Börse verunsichert über das weitere Vorgehen der großen Notenbanken. Die Tokioter Börse hatte durch eine beispiellose Geldschwemme der japanischen Notenbank einen rasanten Höhenflug erlebt.
Doch die Wirkung der lockeren Geldpolitik scheint verpufft. Der Nikkei-Index für 225 führende Werte sackte um 6,35 Prozent auf 12 445,38 Punkte ab. Der japanische Leitindex büßte inzwischen sämtliche Gewinne ein, die er im Zuge der aggressiven Geldpolitik durch die Bank of Japan in den vergangenen Wochen erzielt hatte.
An der deutschen Börse fiel der Dax am Donnerstag zeitweise unter 8000 Punkte auf den tiefsten Stand seit Anfang Mai. Auch an andere europäischen Börsen gab es deutlich Kursverluste.
Der Euro profitierte von der Schwäche des Dollar. Die europäische Gemeinschaftswährung näherte sich 1,34 Dollar und kletterte damit auf den höchsten Stand seit Mitte Februar.
Am 22. Mai hatten der Nikkei und der Dax neue historische Rekordstände erreicht. Der Dax war über 8500 Punkte geklettert. Der Nikkei war bis auf 15 627,26 Punkte gestiegen, dem höchsten Stand seit fast fünfeinhalb Jahren. Seither hat er über 3000 Punkte oder 20 Prozent verloren.
Nun liegt das Börsenbarometer auf dem niedrigsten Stand seit dem 3. April und damit wieder auf dem Niveau vor dem Tag, als Notenbankchef Haruhiko Kuroda seine neue Geldpolitik verkündet hatte.
Diese Maßnahme als Teil der „Abenomics“ genannten neuen Wirtschaftspolitik von Ministerpräsident Shinzo Abe hatte auch bewirkt, dass der Yen drastisch abwertete - was die Exporterlöse der Industrie steigen ließ. Doch auch die Wirkung auf den Yen schwindet.
Am Donnerstag stieg die japanische Währung fast auf das Niveau, das sie vor der Ankündigung des neuen geldpolitischen Kurses hatte. Im Gegenzug fiel der Dollar erstmals seit Anfang April unter die Marke von 95 Yen. Auch zum Euro tendiert der Yen wieder fester. Ein Euro kostete zuletzt knapp 126 Yen - so wenig wie Mitte April nicht mehr.
Zentralbankchef Kuroda zeigte sich jedoch nach einem Treffen mit Ministerpräsident Abe trotz der jüngsten drastischen Schwankungen überzeugt, dass sich die Finanzmärkte im Zuge einer Erholung der Konjunktur schrittweise wieder beruhigten. Doch von der anfänglichen Euphorie an den Märkten über „Abenomics“ - der Nikkei-Index legte seit Mitte vergangenen November um mehr als 80 Prozent zu - ist derzeit nichts mehr zu spüren.
Als Abe kürzlich einen Entwurf seiner „Wachstumsstrategie“ vorstellte, sorgte er bloß für Enttäuschung. Die Pläne wie Sonderwirtschaftszonen konnten die Finanzmärkte nicht überzeugen, die Tokioter Börse reagierte mit scharfen Kursverlusten.
Kritiker befürchten, dass sich die Geldschwemme durch die Bank of Japan und die ungeachtet der extrem hohen Staatsverschuldung massiven Konjunkturpakete am Ende als Strohfeuer entpuppen und es zu einer Blase kommt. Andere verweisen darauf, dass es noch zu früh sei, „Abenomics“ abzuschreiben.
Zu dem erneuten Crash an den Börse kam am Donnerstag die Sorge hinzu, dass die US-Notenbank ihre lockere Geldpolitik Anfang Herbst oder sogar früher zurückfahren könnte. Die Investoren scheuten zunehmend das Risiko, heißt es unter Brokern. Zur Nervosität trug auch die Senkung der Wachstumsprognose für die globale Wirtschaft durch die Weltbank bei.
Zu den Tagesverlieren in Tokio gehörten Exporttitel, die die Verteuerung des Yen zu spüren bekamen. So sackten Toyota um 270 Yen oder 4,6 Prozent auf 5590 Yen und Bridgestone um 165 Yen oder 5,2 Prozent auf 3040 Yen. Olympus büßten 226 Yen oder 7,1 Prozent auf 2969 Yen ein.