Medien: Neue Milliarden-Hilfen für Griechenland
Athen/Berlin (dpa) - Griechenland soll nach Medienberichten ein weiteres Hilfspaket im Umfang von bis zu 60 Milliarden Euro erhalten, um den drohenden Staatsbankrott abzuwenden.
Im Gegenzug muss das hochverschuldete Land noch härtere Auflagen als bisher erfüllen, wie griechische Medien und das „Handelsblatt“ (Mittwoch) übereinstimmend berichten. EU-Währungskommissar Olli Rehn bestätigte am Dienstag erstmals offiziell, dass Entscheidungen dazu vorbereitet würden. Die größten Gewerkschaften Griechenlands riefen für Mittwoch (11.5.) zu Streiks auf, um gegen eine Verschärfung des Sparprogramms zu protestieren.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte, über mögliche Erleichterungen für Griechenland werde erst nach Vorlage der aktuellen Bewertung der Sparbemühungen entschieden. Erst dann könne geklärt werden, was und ob überhaupt etwas unternommen werden müsse. „Davon wird mich auch gar nichts abbringen“, sagte Merkel am Dienstag in Berlin vor dem Verein der Auslandspresse.
Die entsprechende Prüfung durch EU, Internationalen Währungsfonds (IWF) und Europäische Zentralbank (EZB) laufe noch bis Ende dieser Woche. Bisher hätten die Prüfer keine Beanstandungen gehabt. „Jede Hilfe für Griechenland ist Hilfe zur Selbsthilfe. Subventionen oder gar Steuergeschenke wird es nicht geben“, hieß es in einer Mitteilung der Bundesregierung.
Die genaue Höhe der neuen, voraussichtlich bis 2013 gewährten Kredithilfen ist noch unklar. Derzeit sei eine Finanzierungslücke von 25 bis 30 Milliarden allein fürs nächste Jahr absehbar, schreibt das „Handelsblatt“. Rehn sagte in Straßburg: „Es ist zu früh, eine Zahl zum Bedarf für 2012 zu nennen.“ Die Finanzminister der Euro-Zone wollen am kommenden Montag (16.5.) über die zusätzlichen Maßnahmen beraten. IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn soll ebenfalls an dem Treffen teilnehmen, auf dem auch das 78-Milliarden-Euro-Hilfspaket für Portugal abgesegnet werden soll. Dafür ist Einstimmigkeit erforderlich, als möglicher Wackelkandidat gilt Finnland.
Vor einem Jahr hatte Griechenland bereits ein Hilfspaket im Umfang von 110 Milliarden Euro erhalten. Eine Rückkehr zur eigenständigen Finanzierung an den Kapitalmärkten scheint derzeit unmöglich. Auch verläuft die Verringerung des Haushaltdefizits schleppend. Hintergrund seien Steuerausfälle infolge der schweren Rezession.
In einem dramatischen Appell wandten sich der griechische Staatspräsident Karolos Papoulias und Ministerpräsident Giorgos Papandreou über das Fernsehen ans griechische Volk. Die gesamte Nation müsse mobil machen. „Anders geht es nicht“, sagte Papoulias. Papandreou verurteilte erneut die Spekulationen über einen möglichen Abschied der Griechen vom Euro. „Unsere Antwort muss sein: Beständigkeit, Entschlossenheit und die Ruhe bewahren.“ Seine Regierung werde unabhängig von politischen Kosten die nötigen Reformen umsetzen.
Der Euro-Kurs legte wegen der Spekulationen am Dienstag eine Berg- und Talfahrt hin. Die Gemeinschaftswährung wurde nachmittags wieder mit 1,4360 Dollar gehandelt, zuvor war der Euro zeitweise bis auf 1,4267 Dollar gefallen.
Die sozialistische Regierung Griechenlands scheint indes zerstritten darüber, wie schnell Reformen realisiert und ob noch härtere Sparauflagen akzeptiert werden können. „Es riecht nach Neuwahlen“, schrieb die linksliberale Zeitung „Eleftherotypia“ am Dienstag. Andere Medien berichteten über eine bevorstehende Regierungsumbildung.
Zu den Streiks am Mittwoch riefen die beiden größten Gewerkschaftsverbände des privaten und des staatlichen Sektors auf. Staatlichen Behörden wie Ministerien, Museen und Steuerämter sowie viele Schulen sollen geschlossen bleiben. Im Zentrum Athens und anderer Städte des Landes sind Kundgebungen geplant. Der Reiseveranstalter TUI verschob wegen des angekündigten Streiks der Fluglotsen am Mittag die Abflugzeiten für rund 600 Fluggäste.
Gegen Panikmache vor einer Pleite Griechenlands wehrt sich EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark. Er rechne damit, das die Hilfen für Griechenland letztendlich Erfolg haben werden. „Ich sehe dies nicht als ein Fass ohne Boden“, sagte Stark am Dienstag im Bayerischen Rundfunk. Auch den Vorwurf von Kritikern, Griechenland spare sich angesichts der Auflagen für das Hilfsprogramm kaputt, wies er zurück. Der EZB-Chefökonom sprach sich erneut gegen einen Schuldenschnitt aus: „Letztendlich bringt eine Umschuldung nicht die Lösung der Probleme, die Griechenland zu bewältigen hat.“ Die Bundesregierung teilte dazu mit, ein Schuldenschnitt „werde nicht diskutiert und sei spekulativ“.