Überschuldung Mehr alte Menschen in roten Zahlen
Schrumpfende Rentenanwartschaften verschärfen das Problem. Laut Creditreform sind 9,9 Prozent der Menschen überschuldet.
Düsseldorf. In absoluten Zahlen sind die Älteren noch eine kleine Gruppe unter den überschuldeten Menschen. Doch laut der Wirtschaftsauskunftei Creditreform sind die Zuwachsraten besorgniserregend.
Laut dem am Dienstag veröffentlichten Schuldneratlas 2015 gibt es immer mehr ältere Menschen, die auf absehbare Zeit nicht mehr aus den roten Zahlen herauskommen. Bei den 60 bis 69-Jährigen kam es seit 2013 zu einem Anstieg um 12,4 Prozent auf bundesweit 471 000 überschuldete Personen. Bei den über 70-Jährigen wurde im selben Zeitraum sogar eine Zunahme um 35,4 Prozent auf 150 000 Überschuldete verzeichnet.
Rudolf Martens vom Paritätischen Gesamtverband betonte in Düsseldorf: „Altersarmut ist eine besonders schwerwiegende Form der Armut.“ Während Armut für jüngere Menschen häufig eine vorübergehende Lebensphase sei, und diese eine Perspektive hätten, sich aus den Problemen herauszuarbeiten, sei das bei älteren Menschen in der Regel nicht mehr der Fall. Denn mit dem Eintritt in den Ruhestand sinke die Chance älterer Menschen drastisch, ihre ökonomische Lage zu verbessern.
Martens befürchtet, dass das Phänomen der Altersüberschuldung weiter zunehmen wird. Viele Versicherte, die in den nächsten Jahren ins Rentenalter kommen, hätten nur geringe Rentenanwartschaften. Hierzu trage auch die Ausweitung von Niedriglöhnen bei. Martens zitierte zu den Ursachen eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung, wonach infolge der Rentenreformen seit 2001 das Leistungsniveau der Rentenversicherung gesunken sei und weiter absinken werde.
Folge: immer mehr Rentenanwartschaften unterschreiten das Niveau der Grundsicherung. Der Grundgedanke der Riester- Reform, das sinkende Versorgungsniveau durch den Ausbau der betrieblichen und privaten Altersvorsorge auszugleichen, habe sich als nicht tragfähig erwiesen. Gerade die Versicherten mit niedrigen Rentenanwartschaften hätten — trotz der staatlichen Förderung — am seltensten Ansprüche auf Leistungen der betrieblichen oder privaten Vorsorge.
Martens redet all denen ins Gewissen, die wegen ihres jüngeren Alters noch gegensteuern können. Nicht jeder könne mit einer Erbschaft rechnen. Und weil die Zuverdienstmöglichkeiten im Alter rapide abnehmen, sei „mit über 60 Jahren die Messe gesungen.“ Man solle tunlichst schuldenfrei in die Rente gehen.
Doch wie schafft man das? Schließlich sind die Risiken für Überschuldung nur in begrenztem Ausmaß zu kontrollieren. Hauptgrund für Überschuldungsgründe ist laut Creditreform in 17,9 Prozent der Fälle eine Arbeitslosigkeit. Trennung, Scheidung oder Tod eines Partners sind in 12,2 Prozent der Fälle die Ursache. Erkrankung, Sucht oder ein Unfall ist es in 12,4 Prozent der Fälle.
Es folgt eine Ursache, auf die man noch am ehesten Einfluss nehmen kann: unwirtschaftliche Haushaltsführung, die in 11,5 Prozent der Fälle Ursache der Überschuldung ist. Gerade in wirtschaftlich guten Zeiten komme es oft zu einer Überschätzung der eigenen finanziellen Leistungskraft, warnen die Experten von Creditreform. Hier kämen psychologische Gründe, aber auch mangelnde Kompetenz in Gelddingen zum Tragen.