Metall-Tarifparteien uneins über Lage der Branche
Frankfurt (dpa) - In der Metall- und Elektroindustrie liegen die Ausgangspositionen vor der Tarifrunde weit auseinander. Zwar wollen sich Arbeitgeber und Gewerkschaften im Frühjahr lediglich ums Geld für die 3,8 Millionen Beschäftigten streiten.
Da gibt es aber ganz unterschiedliche Vorstellungen.
Die Gesamtkonjunktur entwickele sich stabil nach oben, werde aber anders als in den Vorjahren überwiegend durch die Inlandsnachfrage der Konsumenten und des Staates getragen, sagte der Erste Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann, der Deutschen Presse-Agentur. „Das ist ein guter Grund, die stabile Einkommenspolitik fortzusetzen.“
Gesamtmetall-Präsident Rainer Dulger sieht nur geringen Spielraum für die Unternehmen. „Die Arbeits- und Lohnstückkosten sind weiter gestiegen, die Wettbewerbsfähigkeit hat sich dadurch deutlich verschlechtert“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Das werde nur vom niedrigen Ölpreis und dem für Exporteure günstigen Euro-Dollar-Kurs überdeckt.
Dulger rechnet im kommenden Jahr bestenfalls mit einer stagnierenden Produktion der Branche im Vergleich zu 2015. Dieses Jahr dürfte mit einem Plus von maximal einem Prozent zu Ende gehen, sagte er. Die Flüchtlingskrise, die VW-Affäre, das schwächerer Wachstum in China und in anderen Schwellenländern seien Unsicherheitsfaktoren.
Angesichts des Abschlusses vom Februar mit einem Einkommensplus von 3,4 Prozent sei es „umso wichtiger, dass wir in der kommenden Tarifrunde den Ball flach halten“, betonte Dulger. „Ein Weiter-so der IG Metall würde sicherlich den Trend, ins Ausland zu gehen, beschleunigen.“ Auch wenn die Verhandlungen erst im März begännen: „Die Situation ist klar: Wir können uns eine solche Lohnsteigerung wie in der letzten Runde nicht mehr erlauben.“
Die IG Metall werde über die Höhe der Forderung erst in den kommenden Wochen entscheiden, sagte Hofmann. Die Situation in den verschiedenen Branchen sei weiterhin sehr unterschiedlich. Während die Geschäfte der Autohersteller, der Elektroindustrie oder der Werkzeugmaschinenbauer hervorragend liefen, hätten beispielsweise Anlagenbauer und der Sondermaschinenbau Probleme. „Das Bild bleibt durchmischt“, sagte Hofmann. „Daher wird sich die Tarifpolitik weiter an den volkswirtschaftlichen Rahmendaten und nicht an Sonderkonjunkturen einzelner Branchen orientieren.“
Dulger machte hingegen auf die Kostenentwicklung aufmerksam: „Seit Ende der Krise 2008/2009 sind die Lohnkosten in der Metall- und Elektroindustrie um fast 20 Prozent gestiegen, die Produktivität dagegen aber nur um noch nicht einmal zwei Prozent“, rechnete er vor. „Das schürt und fördert die Investitionsneigung im Ausland, vor allem der deutschen Hersteller.“
Für die anstehende Tarifrunde sehen Dulger und Hofmann außer dem Geld keine anderen Themen. Damit bleibt die Frage einer modernen Arbeitszeitgestaltung zunächst außen vor, zu der die Gewerkschaft im Jahr 2016 eine breite Kampagne auf betrieblicher und politischer Ebene plant.