Microsoft bekommt erneut Ärger mit EU-Kommission
Brüssel (dpa) - Dem Softwareriesen Microsoft steht erneut eine millionenschwere EU-Buße ins Haus. Die EU-Kommission hat ein Kartellverfahren gegen den US-Konzern wegen unlauterer Geschäftspraktiken eröffnet.
Der Konzern halte sich nicht an seine Zusagen aus dem Jahr 2009 und biete seinen Windows-Nutzern keine freie Wahl zwischen verschiedenen Internet-Browsern an, sagte EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia am Dienstag in Brüssel. Konkurrenten hätten sich bei der Kommission darüber beschwert.
Sollte sich der Vorwurf erhärten, droht Microsoft eine Strafe von bis zu zehn Prozent eines Jahresumsatzes. Aus der Wettbewerbsbehörde verlautete, dass man auf einer Geldbuße beharren werde, um ein Zeichen zu setzen. Auch Microsoft geht davon aus: „Wir verstehen, dass die EU-Kommission entscheiden dürfte, weitere Sanktionen auszusprechen“, schrieb der Konzern in einer Stellungnahme.
Microsoft gab den Verstoß - den man erst „jüngst“ entdeckt habe - zu und sprach von einem „technischen Fehler“. Nur deshalb sei die Softwareaktualisierung Service Pack 1 für Windows 7 nicht mit dem Auswahlbildschirm für die freie Wahl des Web-Browsers ausgeliefert worden. Dies betreffe rund 28 Millionen Verbraucher. „Wir bedauern diesen Fehler zutiefst und entschuldigen uns dafür.“ Für Abhilfe sei bereits gesorgt: Seit Anfang Juli sei allen Verbrauchern eine neue Software zugeschickt worden. Externe Experten untersuchten den Fall und würden der EU-Kommission einen Bericht vorlegen.
Laut EU-Kommission verstößt der Softwarekonzern seit Februar 2011 gegen seine Verpflichtung. Der Kommissar sprach von einem einmaligen Fall: „Es ist das erste Mal, dass ein Unternehmen sich nicht an die Vorgaben der Kartellbehörden hält... Wir nehmen das sehr ernst.“
Seit Jahren streitet Microsoft mit Brüssel um den Web-Browser. Browser sind nötig, um im World Wide Web zu surfen. Die Brüsseler Wettbewerbshüter hatten Microsoft 2009 gezwungen, Verbrauchern in der EU auf der Startseite neben dem hauseigenen Internet Explorer weitere Browser als Alternativen anzubieten. Zuvor installierte Microsoft standardmäßig den hauseigenen Internet Explorer. Auf einem Auswahlbildschirm sollen nun auch Konkurrenten wie Mozilla Firefox, Google Chrome, Apple Safari oder Opera erscheinen.
Die Verpflichtung gilt für fünf Jahre, also bis 2014. Microsoft hat nach eigenen Angaben nun angeboten, diesen Zeitraum um 15 Monate zu verlängern.
Mit diesem Schritt wollte Brüssel die Vormachtstellung des Konzerns brechen - sein Windows-Marktanteil liegt bei Computern und Laptops europaweit bei über 90 Prozent. Der Marktanteil des Internet Explorers bei den Browsern ist jedoch deutlich geringer als der von Windows unter den Betriebssystemen. Nach einer aktuellen Studie des Marktforschungsunternehmens Webtrekk kommt der Microsoft-Browser in Deutschland auf 31,1 Prozent und liegt damit hinter Firefox (35,1 Prozent) und vor Safari (16,9) und Chrome (11,7) auf Platz zwei.
Die EU-Kommission ist schon früher immer wieder gegen Microsoft vorgegangen und hat insgesamt Strafgelder von rund 1,7 Milliarden Euro verhängt. Der Kreuzzug der Wettbewerbshüter dauert seit mehr als einem Jahrzehnt an - es war mit Abstand der spektakulärste Fall in Brüssel.
Eine Frist für den Abschluss des Verfahrens gibt es nicht. Almunia kündigte aber an, die Sache so rasch wie möglich voranzutreiben.