Microsoft greift Apple an
Das Tablet Surface könnte der Befreiungsschlag sein — bedeutet aber den Bruch mit dem Geschäftsmodell.
Los Angeles. Schon lange will Microsoft im boomenden Tablet-Markt durchstarten — bislang mit eher bescheidenem Erfolg. Nun reißt dem Unternehmen der Geduldsfaden: Mit „Surface“ bringt der Softwarekonzern einen ersten eigenen Tablet-PC auf den Markt.
In einem historischen Schritt kehrt der Softwarekonzern damit sein Geschäftsmodell um und bricht mit einer bislang erfolgreichen Arbeitsteilung zwischen Hard- und Software.
Die Ankündigung von Microsoft richtet sich klar gegen den iPad-Hersteller Apple und Google, den Hersteller des Konkurrenz-Systems Android.
Doch vermutlich dürfte Microsofts „Surface“ vor allem bei den Unternehmen wie eine Bombe einschlagen, die bislang Partner des Software-Konzerns sind: Firmen wie Asus, Acer, Lenovo, Sony oder Dell planen selbst einen Tablet-Computer mit Win-dows 8 und sehen sich nun nicht nur der Konkurrenz durch Apple, sondern auch von Microsoft ausgesetzt.
Microsoft-Chef Steve Ballmer legte alles daran, im Rahmen der „Surface“-Ankündigung seine Hardware-Partner zu besänftigen. Die großen Hersteller würden im kommenden Jahr mit dem Rückenwind des neuen Windows 8 mehr Personal-Computer verkaufen als jemals zuvor.
Und Ballmer führte einige Beispiele als Beleg an, dass Microsoft in seiner langen Firmengeschichte schon wiederholt Hardware wie die Computermaus gebaut habe, um seine Windows-Software voranzutreiben. „Wir glauben an die Stärke des PCs als Ökosystem“, sagte Ballmer.
Die Microsoft-Tablets sind in etwa so groß wie ein iPad, haben aber einen etwas breiteren 16:9-Bildschirm mit einer Diagonale von 10,6 Zoll (26,9 cm). Die Aufösung ist geringer als beim aktuellen iPad mit seinem sogenannten Retina-Display.
Auffälligste Eigenheiten der Surface-Tablets sind der eingebaute Ständer und der abnehmbare Bildschirmschutz, der gleichzeitig eine vollwertige Tastatur samt Touchpad ist. Derartige Cover gibt es zwar auch für das iPad, doch Apple überlässt dieses Geschäft den Zubehörspezialisten wie Logitech.
Microsoft wird zwei Surface-Typen anbieten: Das leistungsstärkere Gerät läuft mit dem für PC-Prozessoren (x86) entwickelten Betriebssystem Windows 8, der kleinere Bruder mit dem für mobile ARM-Prozessoren optimierten Ableger Win-dows RT.
Mit einem Gewicht von 676 Gramm und einer Dicke von 9,3 Millimetern liegt die Variante auf Augenhöhe mit der dritten iPad-Generation. Der größere Bruder tendiert mit einem Gewicht von 903 Gramm und einer Dicke von 13,5 Millimeter in Richtung des Apple-Notebooks MacBook Air.
„Microsoft versucht, Apple zu sein. Aber die einzige Company, die erfolgreich wie Apple ist, ist Apple“, kommentierte Gartner-Analyst Michael Gartenberg verwies darauf, dass Microsoft mit seinen Mäusen, Kameras und Tastaturen nie seinen angestammten Hardware-Partnern im PC-Geschäft so sehr ins Gehege kam wie mit dem „Surface“. Die Microsoft-Ankündigung sei „ein kühner Schritt, aber auch ein sehr riskanter“.
Wesentliche Fragen blieben auch nach der Präsentation unbeantwortet. Microsoft hat weder etwas über die Ausstattung für den mobilen Betrieb, noch einen Preis genannt. Als Preisspanne nannte Microsoft einen Rahmen zwischen verfügbaren Tablets und den neuen Ultrabooks. Beobachter gehen von 500 und 700 Dollar aus.