Nach Zypern-Rettung: Nur kurzes Aufatmen an Finanzmärkten
Frankfurt/Main/Nikosia (dpa) - Das deutliche Aufatmen an den Finanzmärkten nach der Einigung über das Zypern-Rettungspaket währte nur kurz. Händler machten Aussagen des neuen Eurogruppenchefs Jeroen Dijsselbloem dafür verantwortlich.
Dieser habe den Restrukturierungsplan für die zyprischen Banken, der für Großanleger herbe Verluste erwarten lässt, als Vorlage für das Vorgehen im Fall wackelnder Banken im Rest der Eurozone empfohlen. Der Dax schloss am Montag prompt 0,51 Prozent tiefer bei 7870,90 Punkten - bis in den Nachmittag hinein hatte der Leitindex noch von der Erleichterung über die vorläufige Rettung Zyperns profitiert.
Selbst ein zwischenzeitliches Rekordhoch an der New Yorker Börse half jedoch nicht, die Gewinne zu halten. Der Euro geriet ebenfalls unter Druck und sank zuletzt auf 1,2858 US-Dollar.
Nach dem zähem Zypern-Kompromiss war der Euro noch auf über 1,30 US-Dollar gesprungen. Die Börsen verbuchten teils deutliche Gewinne. Euphorie kam jedoch nicht auf. Die schwierigen Verhandlungen um die Rettung eines Eurolandes mit nur wenig Wirtschaftskraft zeige, dass die Eurozone ihre Krise noch längst nicht überwunden habe. Die Verunsicherung an den Märkten wurde durch spätere Interviews Dijsselbloems noch geschürt.
Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, sieht Zypern vor harten Zeiten: „Nun beginnt das, was bereits Irland, Portugal und Griechenland schmerzlich haben erfahren müssen: jahrelanges Sparen mit tiefen Einschnitten.“ Die Rezession habe gerade erst begonnen. „Euphorie ist deshalb fehl am Platze.“
Der Dax hatte am Morgen noch um mehr als einen Prozent gewonnen, konnte sich aber im weiteren Tagesverlauf nicht über 8000 Punkte halten. Bankenwerte, die zunächst noch zugelegt hatten, verloren am Schluss kräftig. Die Aktienmärkte Asiens hatten in der Früh positiv reagiert. Der Nikkei-225-Index in Tokio etwa schloss um mehr als eineinhalb Prozent höher.
„Es gibt auch nach der Einigung noch eine Reihe von Unsicherheitsfaktoren“, erklärte Thomas Amend, Devisenexperte vom Bankhaus HSBC Trinkaus, das Schwanken der Märkte. So müssten die Ergebnisse des Gipfels erst noch in Zypern umgesetzt werden.
An diesem Dienstag sollen die Banken in Zypern wieder geöffnet werden. Die Reaktion der Sparer ist schwer abzuschätzen. Amend verwies zudem darauf, dass noch einige Parlamente, so auch der Deutsche Bundestag, der Entscheidung zustimmen müssten.
Der Eurokurs fiel am Nachmittagshandel auch aufgrund der neuen Prognose des Sachverständigenrats. Vor allem wegen des schwachen Schlussquartals 2012 korrigierten die Wirtschaftsweisen die Wachstumsprognose Deutschlands für das laufende Jahr von bisher 0,8 Prozent auf 0,3 Prozent. Amend hält die Aussichten für die deutsche Wirtschaftsentwicklung jedoch für robust, auch wenn sich einige Frühindikatoren zuletzt etwas eingetrübt hätten. Für den Euro dürfte die deutsche Konjunktur keine dauerhafte Belastung sein.
An den Anleihemärkten gerieten sichere Anlagen, insbesondere deutsche Schuldtitel, nach der Zypern-Einigung moderat unter Druck. Riskantere Papiere profitierten hingegen. Die deutlichsten Kursgewinne verbuchten zehnjährige Staatsanleihen Griechenlands, das wirtschaftlich wie finanziell eng mit Zypern verbunden ist. Versicherungen gegen eine Staatspleite Zyperns (Credit Default Swaps, CDS) kosteten zu Wochenbeginn etwas weniger, allerdings immer noch mehr als vor dem Rettungsfiasko von vergangener Woche. Der Preis für eine Feinunze (etwa 31 Gramm) Gold, das als Absicherung gegen krisenhafte Entwicklungen gilt, lag am Nachmittag mit 1599 US-Dollar leicht im Minus.
Die deutsche Kreditbranche reagierte positiv auf das Zypern-Rettungspaket. Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), Uwe Fröhlich, sagte, die Sicherung von Kleinsparerguthaben sei ein wichtiges Signal. Zypern stabilisiere durch die Abwicklung seiner zweitgrößten Bank und die Restrukturierung der größten seinen Finanzsektor: „Damit begrenzt Zypern seinen Finanzsektor auf ein vertretbares Maß.“