Neue Schlappe für Lehman-Anleger

Karlsruhe (dpa) - Käufer von Zertifikaten der pleitegegangenen Lehman-Bank haben eine weitere Schlappe vor dem Bundesgerichtshof (BGH) erlitten. Die Richter in Karlsruhe wiesen am Dienstag vier Schadenersatz-Klagen zurück an die Vorinstanzen.

„Mit der bisherigen Begründung gibt es keinen Anspruch auf Schadenersatz“, stellte BGH-Richter Hans-Ulrich Joeres klar. „Die beratende Bank muss nicht über Gewinnmargen und Eigengeschäfte aufklären.“

Die Kläger hatten über die Commerzbank zwischen 17 000 und 300 000 Euro in „Global Champion Zertifikate“ investiert, die von einer niederländischen Lehman-Tochter ausgegeben und in Deutschland vertrieben wurden. Nach der Insolvenz der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers war das Geld verloren. Die Chancen, es nach den nun vom BGH geforderten Neuverhandlung der Vorinstanzen zurückzubekommen, sind gering.

In seiner Urteilsbegründung nahm Joeres ausdrücklich Bezug auf ein erstes BGH-Urteil zu zwei Klagen von Lehman-Anlegern im September 2011: Danach muss die Bank im Beratungsgespräch nicht extra darauf hinweisen, wie hoch ihre Gewinnspanne ist oder ob sie Papiere aus eigenem Besitz verkauft. Lehman-Anleger hatten schon mit diesem Urteil im vergangenen Jahr einen deutlichen Dämpfer erhalten. „Wir sehen keinen Grund, die Rechtsprechung in diesem Punkt wieder aufzugeben“, sagte Joeres. Im vorliegenden Fall hatten Urteile der Vorinstanzen den Anlegern Recht gegeben. Die Commerzbank hatte dagegen Revision eingelegt.

Gleichzeitig gab Joeres jedoch auch zu bedenken, ob die Bank nicht auf ein spezielles Risiko der „Global Champion Zertifikate“ hätte hinweisen müssen: Dass die Papiere der Anleger nämlich auch ohne die Insolvenz von Lehman unter bestimmten Umständen völlig wertlos hätten werden können.

In einem solchen Sachverhalt könnte ein zumindest kleiner Hoffnungsschimmer für die geprellten Anleger liegen: Sollten die Vorinstanzen Pflichtverletzungen der Banken entdecken, die über die bislang vorgetragenen und vom BGH zurückgewiesenen Vorwürfe hinausgehen, könnte es eine Neuauflage vor dem BGH geben.

„Es kann den Banken nicht verboten werden, über eigene Gewinnmargen zu schweigen“, sagte Banken-Anwalt Hermann Büttner. Die Bank sei wie ein Kaufmann zu betrachten, der Gewinn machen will. „Das muss nicht extra erwähnt werden, sondern versteht sich von selbst.“ Aus der Doppelrolle der Bank als Berater und Verkäufer ergebe sich noch lange keine gesteigerte Aufklärungspflicht. Dem hatten die Klägeranwälte widersprochen: Die Bank schulde neutralen Rat und keinen Rat, auf dessen Grundlage sie Geschäfte mit dem Kunden machen wolle, sagte Guido Toussaint.