Neuer starker Mann soll VW in den USA wieder in Spur bringen
Herndon (dpa) - Volkswagen verzichtet auf dem schwierigen US-Markt überraschend auf einen direkten Ersatz für den im März zurückgetretenen Landeschef Michael Horn.
Stattdessen soll der Leiter der Region Nordamerika, der frühere BMW-Manager Hinrich Woebcken, den Posten in Personalunion übernehmen. Die wichtige Region solle außerdem eigenständiger handeln als früher, wie VW-Markenchef Herbert Diess in den US-Zentrale in Herndon mitteilte.
Woebcken erklärte, VW wolle mit Hilfe der neuen Struktur die richtigen Produkte zur richtigen Zeit auf den Markt bringen. Volkswagen hat auf dem zweitwichtigsten Automarkt der Welt auch deswegen große Probleme, weil die Produktpalette nicht richtig auf die speziellen Bedürfnisse des US-Markts abgestimmt ist. So fehlt VW im wichtigen Pick-up-Segment ein Modell.
Der Skandal um manipulierte Abgastests von Dieselfahrzeugen, der seinen Ursprung in den USA hatte, verschärfte die Misere von VW in Amerika. Der Absatz brach ein. Im März schrumpfte der US-Absatz der Marke mit dem VW-Logo im Jahresvergleich um 10,4 Prozent auf 26 914 verkaufte Autos. Im Gesamtjahr sanken die Verkäufe bislang um 12,5 Prozent. Nach Bekanntwerden von Manipulationen bei Stickoxidwerten war für VW-Dieselmodelle in den USA ein Verkaufsstopp verhängt worden.
Für Aufregung hatte im März der überraschende Rücktritt von US-VW-Chef Michael Horn gesorgt - mitten in der Abgas-Affäre. Dies hatte auch in der Wolfsburger VW-Zentrale für Bestürzung gesorgt. Horn galt vor allem für die Händler in den USA als wichtiger Mann. Der US-Verband der VW-Händler hatte sich nach dem Horn-Rücktritt als „beunruhigt“ gezeigt. Es sei Horn gewesen, der nach Ausbruch der Krise Haltung gezeigt und Fehler eingeräumt habe
Lange galt es als sicher, dass VW den Posten Horns direkt nachbesetzt. Nun aber soll Woebcken als neuer starker Mann den Autobauer in den USA wieder in die Spur bringen. Er ist bei VW erst seit dem 1. April neuer Leiter der Region Nordamerika, die die Märkte USA, Kanada und Mexiko umfasst, und nun in Personalunion auch US-Chef von Volkswagen. Er war zuvor rund zehn Jahre lang bei BMW unter anderem für den Einkauf zuständig. Zuletzt war er Nutzfahrzeug-Vorstand beim Zulieferer Knorr-Bremse, hatte das Unternehmen aber nach gut einem Jahr Mitte 2015 wieder verlassen.
Wegen des Abgas-Skandals drohen Volkswagen besonders in den USA hohe Strafen und Prozessrisiken, die laut früheren Angaben aus Konzernkreisen einen zweistelligen Milliardenbetrag erreichen können. Für die manipulierten Dieselautos in den USA ist VW noch auf der Suche nach einer Lösung, mit der auch die US-Umweltbehörde EPA zufrieden ist. In den USA sind von den Manipulationen rund 580 000 Autos betroffen, weltweit sind es rund elf Millionen.
Der US-Bezirksrichter Charles Breyer, bei dem die Klagen in den USA gebündelt sind, hatte ein Ultimatum bis zum 21. April gesetzt. Einen Tag später will das Kontrollgremium nach Angaben aus Aufsichtsrats-Kreisen über den Jahresabschluss 2015 beraten.