„New York Times“ verscherbelt Traditionsblatt „Boston Globe“

New York (dpa) - Der Verlag der „New York Times“ stößt das Traditionsblatt „Boston Globe“ ab, das zuletzt mit seiner Berichterstattung vom Bombenanschlag beim Boston Marathon weltbekannt wurde.

Käufer ist der Unternehmer John W. Henry, der auch den englischen Fußball-Verein FC Liverpool und die Baseball-Mannschaft Boston Red Sox besitzt. Damit kommt der „Boston Globe“ nach 20 Jahren wieder in die Hände eines Einheimischen.

Der Preis für die New England Media Company, deren Flaggschiff der „Boston Globe“ ist, liege bei rund 70 Millionen Dollar (53 Mio Euro), teilte die New York Times Company am Samstag mit. Das ist vergleichsweise mickrig: Als der New Yorker Großverlag das benachbarte Blatt 1993 von der Verlegerfamilie Taylor übernahm, zahlte er noch 1,1 Milliarden Dollar dafür.

Der ursprüngliche Plan war, ein Zeitungsimperium an der US-Ostküste zu schaffen. Doch die Abwanderung von Lesern und Anzeigenkunden ins Internet machten dem 1872 gegründeten „Boston Globe“ schwer zu schaffen. Die Auflage betrug zum Zeitpunkt der damaligen Übernahme noch eine halbe Million und hat sich seitdem mehr als halbiert. Dagegen konnte die „New York Times“ im Internet zuletzt zahlende Leser dazugewinnen.

Der Verlag konzentriert sich nun ganz auf seine Kernmarke. Die Einnahmen aus dem Verkauf des „Boston Globe“ flössen in die „New York Times“, sagte Firmenchef Mark Thompson. Zuvor hatte er bereits mehrere Lokalzeitungen und das Ratgeberportal about.com abgestoßen. Zudem flaggt er das Schwesterblatt „International Herald Tribune“ in „International New York Times“ um.

Schon 2009 hatte die New York Times Company versucht, den „Boston Globe“ zu verkaufen, doch das Interesse war damals gering. In der jüngeren Vergangenheit ist aber Bewegung in die Branche gekommen. Einige Investoren sehen angesichts der gesunkenen Preise wieder lohnende Anlageobjekte in Zeitungen.

So hat Starinvestor Warren Buffett über seine Investmentholding Berkshire Hathaway rund 70 lokale Blätter übernommen. Auch der als konservativ geltende US-Industriemagnat Charles Koch äußerte Interesse am Gedruckten. Parallel hat Medienmogul Rupert Murdoch seine Zeitungen (unter anderem „Wall Street Journal“, „Sun“) in ein eigenständiges Unternehmen abgespalten, gleiches tut die im Lokalfernsehen starke Tribune Company („Chicago Tribune“, „Los Angeles Times“).