Noch mehr als 100 Jahre bis zu echter Gleichstellung

Genf (dpa) - Bis zur vollständigen Gleichstellung von Mann auf Frau in Arbeitswelt, Bildung und Politik kann es nach Ansicht des Weltwirtschaftsforums (WEF) noch mehr als 100 Jahre dauern.

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Wenn nicht endlich das Tempo der Angleichung bei Einkommen, Bildung und Aufstiegschancen anzieht, werde dieses Ziel weltweit wohl erst im Jahr 2133 erreicht - also in 118 Jahren. Davor warnt der vom WEF veröffentlichte „Global Gender Gap Report 2015“.

Rund 250 Millionen Frauen haben der Studie zufolge seit 2006 neu Zugang zu den globalen Arbeitsmärkten erhalten, zugleich halte jedoch die Lohnungleichheit weiter an. „Frauen verdienen heute so viel wie Männer vor einem Jahrzehnt“, heißt es in dem Report zur anhaltenden Ungleichheit zwischen den Geschlechtern auf dem Arbeitsmarkt und in weiteren Bereichen der Gesellschaft.

Insgesamt habe sich die Chancengleichheit in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Wirtschaft und Politik in den letzten zehn
Jahren zwar leicht verbessert - um vier Prozent nach den zugrunde gelegten WEF-Indikatoren. Jedoch schließe sich die ökonomische Schere zwischen den Geschlechtern immer noch viel zu langsam.

In 22 Prozent von 145 untersuchten Ländern sei die Lohnungleichheit zwischen Frau und Mann seit 2006 sogar größer geworden. Und obwohl in 97 Ländern mehr Frauen als Männer studieren, machen sie in nur 68 Ländern die Mehrheit an Fachkräften aus und in nur vier Ländern haben sie die Mehrheit bei Führungspositionen.

Wie schon in früheren Jahren verzeichnen erneut die nordischen Länder die meisten Fortschritte bei der Gleichstellung der Geschlechter. Auf dem „Global Gender Gap Index“ des WEF rangiert Island an erster Stelle, gefolgt von Norwegen, Finnland, Schweden und Irland.

Auf dem sechsten Rang steht laut WEF das kleine ostafrikanische Land Ruanda, das seit Jahren beispielhafte Fortschritte in Sachen Geschlechtergerechtigkeit erzielt habe. Auch die Philippinen (Rang sieben) sind demnach in dieser Hinsicht selbst für viele industrialisierte Staaten ein Vorbild. In den „Top Ten“ folgen die Schweiz, Slowenien und Neuseeland. Deutschland verbesserte sich im WEF-Gleichstellungsranking gegenüber 2014 um einen Platz auf Rang elf. Die USA fielen um acht Plätze auf Rang 28.

„Die wachsende Automatisierung infolge der vierten industriellen Revolution wird sehr wahrscheinlich nicht nur die
Wirtschaft, sondern die gesamte Menschheit verändern“, erklärte Klaus Schwab, der Gründer und Vorstandsvorsitzende des WEF. „Vor diesem Hintergrund müssen wir uns um eine Welt bemühen, in der die Beiträge und Ideale von Frauen eine ebenso hohe Wertschätzung erfahren wie die von Männern.“

Für die WEF-Studie wurden 145 Länder nach einheitlichen Kriterien hinsichtlich der Geschlechterdisparität beurteilt. Untersucht wurden unter anderem Chancengleichheit, Gehälter, Zugang zu Führungspositionen sowie zu höherer Bildung und politischen Entscheidungspositionen ebenso wie geschlechtsspezifische Unterschiede hinsichtlich Gesundheit und Lebenserwartung.