Nokia und Alcatel-Lucent prüfen Zusammenschluss
Helsinki/Paris (dpa) - Die europäischen Netzwerk-Ausrüster Nokia und Alcatel-Lucent wollen ihre Kräfte im Kampf gegen die mächtige Konkurrenz aus China bündeln.
Nokia bestätigte Gespräche über einen Zusammenschluss. Bei einer Fusion der beiden Unternehmen könnte ein neuer Weltmarktführer entstehen. Zugleich könnten politische Hürden in Frankreich dem Zusammenschluss im Wege stehen. Allerdings äußerte sich die Regierung am Dienstag recht positiv zu dem Deal.
Die Verhandlungen seien zwar fortgeschritten, könnten aber noch scheitern, erklärte Nokia. Das Geschäft könne mit einem Angebot für Alcatel-Lucent über die Bühne gehen. Alcatel-Lucent ist an der Börse über 11 Milliarden Euro wert, die Aktie zog nach der Ankündigung um rund 16 Prozent an. Der Marktwert von Nokia liegt bei etwa 28 Milliarden Euro und die Finnen hatten zuletzt Geldreserven von rund 7,7 Milliarden Euro. Mit einem Kombi-Angebot aus Geld und eigenen Aktien könnte Nokia eine Übernahme also finanziell stemmen.
Allerdings will die französische Regierung die möglichen Auswirkungen einer Übernahme auf Standorte und Jobs im eigenen Land unter die Lupe nehmen. „Die Regierung will, dass ihr schnellstens die Details dieses diskutierten Projekts präsentiert werden“, sagte Arbeitsminister François Rebsamen am Dienstag in der Nationalversammlung in Paris. Die Regierung werde sehr wachsam sein, damit die „Exzellenz der Forschungslabore in Frankreich“ erhalten bleibe. Präsident François Hollande traf sich am Nachmittag kurzfristig mit den Chefs von Nokia und Alcatel-Lucent, Rajeev Suri und Michel Combes.
Widerstände aus Paris gegen einen möglichen Stellenabbau könnten einen Deal erschweren. Denn die aktuellen Größenverhältnisse von Nokia und Alcatel-Lucent machen Sparmaßnahmen nach einem Zusammenschluss sehr wahrscheinlich. Die französische Regierung hat die Telekommunikations-Industrie zu einer Branche von nationalen Interesse ausgerufen und hat daher ein Auge auf einen möglichen Verkauf des Pariser Unternehmens.
Nach dem Treffen im Élysée-Palast äußerte sich Wirtschaftsminister Emmanuel Macron allerdings positiv: „Es ist ein guter Deal für Alcatel-Lucent, weil es ein Deal für die Zukunft ist“, wurde er vom Finanzdienst Bloomberg zitiert. Das Unternehmen könne der wachsenden Konkurrenz chinesischer Anbieter nicht allein entgegenstehen. „Vor zwei Jahren war Alcatel-Lucent beinahe pleite (...).“
Nokia hatte Ende vergangenen Jahres 54 600 Mitarbeiter im Netzwerk-Bereich und Alcatel-Lucent insgesamt gut 50 000. Der Nokia-Konzern erwirtschaftete einen Umsatz von 12,7 Milliarden Euro. Der Löwenanteil kommt aus dem Netzwerk-Geschäft, die Handy-Sparte hatte Nokia an Microsoft verkauft. Alcatel-Lucent hat mit 13,2 Milliarden Euro Erlöse in ähnlicher Größenordnung. Der Konzern entstand aus einem Zusammenschluss zwischen Alcatel aus Frankreich und Lucent aus den USA. Nokia betrieb in der Netzwerk-Technik früher ein Gemeinschafsunternehmen mit Siemens, übernahm 2013 jedoch den 50-Prozent-Anteil der Deutschen.
Netzwerk-Ausrüster liefern Technik für Telekom-Konzerne. Dabei stehen etablierte westliche Anbieter unter verstärktem Druck aggressiver Rivalen aus China. Der europäische Rivale Ericsson hielt sich im vergangenen Jahr an der Spitze der Branche mit einem Umsatz von 25,1 Milliarden Euro. Die Schweden liefern sich aber schon seit Jahren ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Huawei aus China.
Vor allem mit dem wachsenden Datenverkehr über Smartphones brauchen die Telekom-Konzerne immer neue Ausrüstung für ihre Netze. Für die kommenden Jahre kündigt sich ein großes Geschäft mit dem nächsten Datenfunk-Standard 5G an, der viel schnelleres Internet unterwegs ermöglichen soll. Allerdings ist es immer noch ein Markt mit wenigen Abnehmern und einem scharfen Wettbewerb zwischen den Anbietern der Netztechnik.
Ein Experte der Analysefirma Ovum, Mark Newman, sagte, Nokia und Alcatel-Lucent ergänzten sich gut. Die Finnen seien stark bei mobilen Netzwerken und die Firma aus Paris im Festnetz-Geschäft. Aber es sei eine große Herausforderung, Produktpaletten und Kunden zusammenzulegen. Bei den lukrativen Verträgen für den Aufbau der Netze des aktuell schnellsten LTE-Datenfunks hätten Nokia und Alcatel-Lucent zusammen 26 Prozent. Huawei habe 36 Prozent und Ericsson ein Drittel.
Nokia reagierte mit der kurzen Mitteilung am Dienstag auf einen Bloomberg-Bericht. Den Informationen des Finanzdienstes zufolge wird zwar über einen kompletten Zusammenschluss gesprochen, eine Möglichkeit sei aber auch allein die Übernahme des Drahtlos-Geschäfts von Alcatel-Lucent durch Nokia.