Notenbanken reagieren auf Währungsturbulenzen in Schwellenländern
Frankfurt/Buenos Aires (dpa) - In den vergangenen Jahren waren sie die Lieblinge der Anleger - die Boomländer Asiens oder Südamerikas. Zuletzt zeigten Investoren ihnen die kalte Schulter. Betroffene Länder versuchen, den Währungsverfall zu stoppen.
Große Schwellenländer sind auch zu Wochenbeginn an den Finanzmärkten in erhebliche Turbulenzen geraten. Der vergangene Woche begonnene Ausverkauf setzte sich am Montag vielfach fort. An zahlreichen Börsen, vor allem in Asien, gaben die Aktienkurse abermals deutlich nach. Staatsanleihen verbuchten teils deutliche Kursverluste. Viele Landeswährungen gingen zuächst erneut auf Sinkflug, darunter die türkische Lira. Die Ankündigung der Notenbank in Ankara, für Dienstag wegen des Währungsverfalls eine Sondersitzung einzuberufen, um notwendige Maßnahmen zur Preisstabilität zu beschließen, stützte dann den Kurs. Auch viele andere Währungen erholten sich ein wenig.
Beobachter erwarten, dass die türkische Notenbank die Leitzinsen zur Stützung der Währung anheben wird. Die Entscheidung will die Zentralbank in der Nacht zum Mittwoch bekanntgeben.
Die Türkische Lira steht seit Wochen unter massivem Druck, nicht zuletzt wegen der schwierigen innenpolitischen Lage. Am Montag fiel sie zum US-Dollar und Euro zunächst auf neue Rekordtiefstände, bevor die Mitteilung der Notenbank für Gegenwind sorgte. Die Lira konnte daraufhin zulegen.
Neben der türkischen Lira erholte sich vor allem der südafrikanische Rand merklich. Dieser hatte zuvor zum amerikanischen Dollar wie auch die Lira um mehr als ein Prozent abgewertet. Auch die Währungen von Indonesien und Indien machten ein wenig ihrer zuvor erlittenen großen Verlusten wett. Das Ausmaß der Erholung war jedoch nicht so stark wie beim Rand und der Lira.
In Jakarta standen indonesische Staatsanleihen unter erheblichem Druck. Die Aktienmärkte gingen dort weiter auf Talfahrt. Auch an anderen asiatischen Börsen kam es zu massiven Verlusten, auch wegen der Besorgnis, dass sich das Wirtschaftswachstum in China weiter verlangsamen könnte.
Der Kursverfall an den Finanzmärkten großer Schwellenländer hatte sich am Freitag drastisch zugespitzt. Ein Auslöser war die Entwicklung in Argentinien. Dort hatte die Notenbank zunächst die Kopplung des Peso an den amerikanischen Dollar gelockert und dann einen Teil der Devisenkontrollen aufgehoben. Der argentinische Peso hatte zeitweise gegenüber dem Dollar bis zu zwölf Prozent an Wert verloren, die höchsten Verluste seit der Staatspleite Ende 2001. Für einen Dollar mussten acht Pesos gezahlt werden. Der Schwarzmarktkurs lag sogar zeitweise bei rund 13 Pesos. Die Zentralbank hatte daraufhin zur Stützung erneut 180 Millionen Dollar (132 Mio Euro) verkauft.
Am Montag gab die Regierung in Buenos Aires die Devisen-Käufe von US-Dollar frei, begrenzt aber auf maximal 2000 Dollar im Monat. Berechtigt sind Beschäftigte, deren Monatseinkommen bei mindestens 7200 Pesos (900 Dollar) liegt, wie Kabinettschef Jorge Capitanich mitteilte. Von dem Betrag werden 20 Prozent Steuern einbehalten, es sei denn, der Sparer lässt die Dollar-Summe mindestens 12 Monate auf seinem Sparkonto liegen. Mit der Wiederfreigabe der seit Oktober 2011 gesperrten Dollar-Käufe reagiert Argentinien auf den starken Devisen-Abfluss.
Die argentinische Wirtschaft steckt in einer tiefen Krise und leidet unter hohen Inflationsraten. Die zweitgrößte Volkswirtschaft Südamerikas ist hoch verschuldet und von internationalen Kreditmärkten faktisch ausgeschlossen.
Auch andere große Schwellenländer leiden unter Problemen, die teils politischer Natur, teils wirtschaftlicher Art sind. Unter besonderem Druck stehen Länder, die wegen großer Handelsdefizite stark abhängig von ausländischem Kapital sind. Unter Investoren haben sich Indien, Indonesien, die Türkei, Brasilien und Südafrika als besondere Wackelkandidaten herauskristallisiert. Die Investoren reagieren bei diesen „fragilen Fünf“ besonders empfindlich und bringen ihre Gelder lieber in sichere Häfen sich deutlich erholender Volkswirtschaften wie den USA. Hinzu kommt, das die absehbar geringere Geldschwemme aus den USA die Märkte extrem beeinflusst. Die US-Notenbank Fed will ihre extrem lockere Geldpolitik im Jahresverlauf schrittweise zurückführen.