Oberlandesgericht stellt sich hinter Sparer im Scala-Streit

Stuttgart (dpa) - Das Stuttgarter Oberlandesgericht hat verärgerten Anlegern im Streit um hochverzinste Sparverträge den Rücken gestärkt. Die Bank dürfe die sogenannten Scala-Verträge nach Auffassung des Senats nicht einfach kündigen, urteilte Richter Thomas Wetzel im Berufungsverfahren.

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„Es besteht kein Recht zur vorzeitigen Kündigung, zur Vertragsanpassung und zur Vertragsaufhebung“, sagte Wetzel. Der Senat wolle mit seinem raschen Urteil nun den Weg für den Bundesgerichtshof freimachen. „Die Verfahren dauern nun schon sehr, sehr lange“, sagte Wetzel. Die Parteien könnten sich aber auch noch gütlich einigen. Der Streit könnte bundesweit Signalwirkung für ähnliche Prozesse haben.

Der Hintergrund: Zwischen 1993 und 2005 hatte die Ulmer Sparkasse 22 000 Scala-Verträge mit ihren Kunden abgeschlossen. Die Konditionen der Papiere sahen vor, dass Kunden für eine Laufzeit von bis zu 25 Jahren die monatliche Sparrate auf bis zu 2500 Euro erhöhen konnten und zusätzlich zum Grund- einen saftigen Bonuszins erhielten.

Doch die Bank hat sich verkalkuliert. Aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase wollte sie später Tausende Kunden aus den attraktiven Verträgen herauslocken - ansonsten drohte die Kündigung. Seit eineinhalb Jahren streitet sie mit Anlegern nun über das Anlageprodukt. Es geht dabei neben dem Kündigungsrecht auch um die Erhöhung der monatlichen Sparraten und um die Berechnung der Grundzinsen. Das Landgericht Ulm hatte Sparern bereits in mehreren Verfahren den Rücken gestärkt.

Am Mittwoch stellte sich nun auch das Oberlandesgericht hinter die Sparer und bestätigte die Ulmer Urteile in den Fällen zweier Sparer. Die Bank habe nach Ansicht des Senats das Risiko einer negativen Zinsentwicklung gekannt und bei Vertragsschluss übernommen. Die Kunden hätten auf die Vereinbarungen vertrauen dürfen. In der Frage des Kündigungsrechts ließ das Gericht die Revision vor dem Bundesgerichtshof zu. Beide Seiten gaben aber an, zunächst erneut in Vergleichsverhandlungen treten zu wollen.

„Wir freuen uns, dass das Gericht der Sparkasse so richtig die Leviten gelesen hat“, sagte Anwalt Lang. Zuvor schlug der Anwalt am einen Vergleichsvorschlag der Sparkasse von vergangener Woche aus. Das Angebot sei „völlig inakzeptabel“. Ein Angebot müsse für alle Mandanten gelten - nicht nur für die Sparer mit Fällen vor dem Oberlandesgericht. Lang sprach von insgesamt 150 Mandanten, die er im Scala-Streit momentan vertritt. Er forderte die Sparkasse zu ernsthaften Vergleichsverhandlungen auf.

„Wir sind grundsätzlich immer für einen Vergleich offen“, sagte Sparkassen-Sprecher Boris Fazzini. Das Geldhaus habe Rückstellungen von 36 Millionen Euro gebildet. „Das hat aber nichts damit zu tun, was die Größenordnung der Scala-Fälle anrichtet“, sagte Fazzini.