Opel kommt nicht auf die Räder: Neue Einschnitte
Detroit/Rüsselsheim (dpa) - Opel bleibt ein Fass ohne Boden. Während der US-Mutterkonzern General Motors dank starker Verkäufe auf dem Heimatmarkt im vergangenen Jahr einen Rekordgewinn eingefahren hat, sind bei der deutschen Tochter weitere Verluste aufgelaufen.
Schon bereitet das Management in Detroit neue Einschnitte vor. „Wir müssen schnell und entschlossen handeln“, sagte Finanzchef Dan Ammann am Donnerstag.
General Motors hat mit seinem Europageschäft - das in erster Linie aus Opel und der britischen Schwestermarke Vauxhall besteht - operativ 747 Millionen Dollar verloren (573 Mio Euro). Allerdings verrät diese Zahl nur die halbe Wahrheit, denn General Motors hat hohe Abschreibungen auf den Wert des Europageschäfts kurzerhand ausgeklammert. GM selbst nennt keinen Gesamtverlust, ein Blick in die Bilanz legt aber eine Zahl jenseits von 1,1 Milliarden Dollar nahe.
Der Opel-Betriebsrat unterstrich allerdings, dass Opel und Vauxhall 2011 ein „wesentlich besseres Ergebnis als im Vorjahr“ erzielt hätten. 2010 hatte der operative Verlust noch bei knapp 2,0 Milliarden Dollar gelegen. Nach dem ursprünglichen Plan hätte Opel das Minus allerdings noch weitaus stärker eingrenzen sollen. Doch nicht zuletzt die Schuldenkrise machte dem Hersteller einen Strich durch die Rechnung.
Dagegen fuhr GM dank starker Verkäufe in Nordamerika sowie im boomenden China unterm Strich insgesamt einen Gewinn von 7,6 Milliarden Dollar ein - das sind satte 62 Prozent mehr als im Vorjahr. GM habe weltweit Marktanteile gewonnen, frohlockte Konzernchef Dan Akerson. Der Umsatz stieg um 11 Prozent auf 150,3 Milliarden Dollar. Nach Stückzahlen sind die Amerikaner die Nummer eins der Branche noch vor Volkswagen. Ihre Aktie stieg um 6 Prozent.
Von derartigen Zahlen kann Opel nur träumen. Auch das neue Jahr fing katastrophal an. Während der europäische Automarkt im Januar verglichen zum Vorjahr 6,6 Prozent einbüßte, brach der Absatz von Opel und Vauxhall um fast 21 Prozent ein. Der Marktanteil schrumpfte von 6,8 Prozent auf magere 5,7 Prozent.
Für Europa und die zweite Problemregion Südamerika wird schon an neuen Einschnitten gearbeitet. Die Gewinnschwelle müsse sinken, forderte Konzernchef Akerson. Finanzchef Ammann wurde in seiner Wortwahl noch deutlicher: Verluste seien „inakzeptabel“.
Seit geraumer Zeit verhandelt die Konzernführung mit dem Betriebsrat über ein weiteres Sparpaket. Zu Details wollte sich die GM-Führung aber nicht äußern. Die Gespräche liefen, sagte Ammann. Er deutete allerdings eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Opel/Vauxhall und der auch in Europa aktiven US-Hausmarke Chevrolet an. „Wir erwarten, dass wir bald mehr sagen können.“ Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke schloss Werkschließungen nicht aus. Auch darum gehe es in den Verhandlungen. Er machte aber klar: Die Kapazitäten sollen künftig besser genutzt und die Produktion auf Dreischichtbetrieb hochgefahren werden.
Seit 1999 war es Opel nur einmal gelungen, auf Jahressicht Gewinn zu schreiben - das war im Jahr 2006. In der Wirtschaftskrise 2009 hatte GM sogar erwogen, Opel zu verkaufen, machte aber im letzten Moment einen Rückzieher. Stattdessen wollten die Konzernlenker aus Detroit die Problemtochter auf eigene Faust sanieren. Sie schlossen das Werk in Antwerpen und strichen 8000 der vormals 48 000 Jobs. Zuletzt beschäftigte GM in Europa noch rund 39 000 Menschen.
Jüngst war sogar über das Aus für das Werk in Bochum spekuliert worden. Denn selbst im Heimatmarkt Deutschland verliert Opel immer weiter an Boden. Nach Daten des Kraftfahrtbundesamtes schrumpfte der Marktanteil binnen zehn Jahren von rund 12 Prozent auf 8 Prozent im vergangenen Jahr. Damit rangiert Opel hinter BMW/Mini, Mercedes-Benz und meilenweit hinter VW (knapp 22 Prozent).
Zwar steht Opel mit seinen Problemen nicht alleine da. Auch andere Hersteller wie der französische Rivale PSA Peugeot Citroën lahmen. Doch die Auswirkungen sind bei den Rüsselsheimern besonders drastisch. Zum Vergleich: Der zweitgrößte US-Autobauer Ford fuhr mit seinem eigenen Europageschäft einen vergleichsweise moderaten operativen Verlust von 27 Millionen Dollar ein. Das Hauptwerk von Ford in Europa steht in Köln.
Dagegen fiel bei General Motors in Europa alleine im Schlussquartal ein operativer Verlust von 562 Millionen Dollar an. Das drückte auch auf den Konzerngewinn, der bei unterm Strich vergleichsweise mageren 472 Millionen Dollar herauskam.
Auf dem GM-Management lastet ein enormer Druck seitens der Aktionäre, die Probleme in Europa in den Griff zu bekommen. Auch der Staat hält noch große Anteile, nachdem er den Konzern 2009 vor der Pleite gerettet hatte. Opel-Chef Stracke räumte dann auch ein: „Wir müssen uns noch grundlegend verbessern.“