Diesel-Debatte Opposition fordert schärfere Abgas-Überwachung
Berlin (dpa) - Als Konsequenz aus dem VW-Abgasskandal fordert die Opposition im Bundestag schärfere staatliche Überwachung und Transparenz für Einflussnahmen der Autobranche auf die Politik.
In Ministerien und dem Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) habe die Devise gegolten, nichts zu sehen und nichts zu sagen, kritisierte der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Herbert Behrens (Linke), im Bundestag. „Das können wir keinen Tag länger dulden.“ Der Ausschuss hatte nach Anhörung von 57 Zeugen seinen Abschlussbericht vorgelegt.
Das KBA müsse verpflichtet werden, Manipulationshinweisen nachzugehen und unverzüglich dem Verkehrsministerium zu melden, sagte Behrens. Lobbykontakte müssten öffentlich gemacht werden. Grünen-Obmann Oliver Krischer warf der Bundesregierung vor, mit Schönreden und Wegdrücken von Problemen Mitverantwortung für einen der größten Industrie- und Umweltskandale zu tragen. Ein Tiefpunkt der Ausschussarbeit sei der Auftritt von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gewesen. „Ich habe kein schlimmeres Kleinreden gehört“, sagte Krischer.
Die Koalition wies die Vorwürfe zurück. „Wir haben in keiner Sitzung von keinem einzigen Zeugen irgendwelche Hinweise auf Staatsversagen erhalten“, sagte SPD-Obfrau Kirsten Lühmann. Eingeführt werden müssten wirksame Sanktionen gegen Hersteller. Unions-Obmann Ulrich Lange äußerte sich verärgert und enttäuscht über den Auftritt von Ex-VW-Chef Martin Winterkorn im Ausschuss. Dies sei eine vertane Chance für den VW-Konzern gewesen, Öffentlichkeit, Mitarbeitern und den Kunden „die Dinge zu erklären, die offensichtlich sind“, sagte der CSU-Politiker.
Seit Beginn der inhaltlichen Ausschussarbeit im September wurden 57 Zeugen gehört. Das auf Drängen der Opposition eingesetzte Gremium sollte klären, was die Bundesregierung seit 2007 mit Blick auf Abgasregeln unternommen hat und wann sie von Manipulationen erfuhr.
VW hatte eine verbotene Software eingesetzt, wodurch die Abgasreinigung bei Dieselfahrzeugen nur während Tests in vollem Umfang aktiv war. Dies war 2015 in den USA aufgeflogen.
Der Abgasskandal und seine Folgen hat das Image des Diesel schwer beschädigt. Seit Monaten sinkt der Diesel-Marktanteil bei Neuwagen. Immer neue Berichte über mögliche Abgas-Manipulationen, Differenzen zwischen Abgaswerten auf dem Prüfstand und im realen Verkehr sowie eine breite Debatte um Fahrverbote für ältere Diesel-Modelle haben offensichtlich für Verunsicherung gesorgt. Viele Städte haben mit zu hohen Stickoxid-Werten durch Diesel-Abgase zu kämpfen.
Die bayerischen Autobauer Audi und BMW hatten nach einem Treffen mit Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) am Mittwoch angekündigt, sie wollten ihre in Deutschland zugelassenen Euro-5-Dieselautos technisch nachrüsten, auf die neueste Abgasnorm Euro 6. Seehofer hatte das Gespräch angesetzt, nachdem Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) wegen der Luftverschmutzung ein Fahrverbot für Dieselautos in München ins Spiel gebracht hatte. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) forderte in der „Bild“-Zeitung eine kostenlose Nachrüstung durch die Hersteller.
Für Kanzlerin Angela Merkel (CDU) geht die Entwicklung in der Autobranche „weg vom Verbrennungsmotor“. „Aber wie schnell diese Transformation vorangehen soll, das muss immer wieder ausgehandelt werden, und deshalb ist der sehr sparsame Verbrennungsmotor vielleicht in Kombination als Hybrid noch für eine ganze Zeit lang aus meiner Sicht vernünftig“, sagte Merkel der „Wirtschaftswoche“.
Merkel warf der Autoindustrie im Diesel-Skandal Versäumnisse vor. „Um es klar zu sagen: Mit welchen betrügerischen Methoden die Grenzwerte im Dieselbereich von manchen Herstellern umgangen wurden, ist durch nichts zu rechtfertigen und hat dem Diesel insgesamt geschadet. Wir haben in Deutschland den Diesel über viele Jahre geschätzt, weil er Kraftstoff und CO2 einsparen half.“