Peking bringt mit Konjunkturspritzen Wachstum auf Kurs
Peking (dpa) - Chinas Wirtschaft gewinnt wieder etwas mehr Schwung. Im zweiten Quartal dieses Jahres zog das Wachstum in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt leicht auf 7,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum an, wie das Statistikamt in Peking mitteilte.
Grund dafür sind nach Einschätzung von Ökonomen Konjunkturspritzen der Regierung. Das leicht angezogene Tempo entspricht exakt dem Wachstumsziel der Regierung für das gesamte Jahr. In den vergangenen Monaten hatte Peking zusätzliche Ausgaben bei der Eisenbahn und im sozialen Wohnungsbau angeschoben.
Alleine im Juni waren die Staatsausgaben im Vergleich zum Vorjahresmonat um rund 26 Prozent auf 1,65 Billionen Yuan (rund 200 Milliarden Euro) gestiegen.
Analysten hatten im zweiten Quartal mit 7,4 Prozent etwas weniger erwartet. Mit der Geschwindigkeit war China in den ersten drei Monaten dieses Jahres gewachsen.
„Ohne einen Mikrostimulus der Regierung sähen die Wirtschaftsdaten verheerend aus“, sagte Wirtschaftskommentatorin Ye Tan der Nachrichtenagentur dpa. „Die Dynamik der letzten Monate ist auf die expansivere Gangart der Zentralregierung zurückzuführen“, schrieb auch Frederik Kunze von der Norddeutschen Landesbank.
Aus Zahlen der Zentralbank geht hervor, dass trotz der Sorge um faule Kredite Chinas Finanzinstitutionen und Staatsbanken im Juni die Wirtschaft wieder mit deutlich mehr Krediten gestützt haben. Der Umfang der Kredite wuchs auf rund eine Billion Yuan (118 Milliarden Euro) nach rund 870 Milliarden Yuan im Mai.
Mit 7,5 Prozent liegt China weit unter dem zweistelligen Turbo-Wachstum der vergangenen Jahrzehnte. Sollte es in diesem Jahr bei dem Tempo bleiben, wäre es das langsamste Wachstum seit 24 Jahren. Im Vergleich zum Wachstum in Europa und den USA erscheinen Wachstumszahlen wie in China aber bemerkenswert, doch sind sie für ein Schwellenland wie China mit seinem Nachholbedarf nicht hoch.
Chinas Staatsführung will eine grundlegende Umstrukturierung der Wirtschaft anstoßen. Dafür will sie auch geringere Wachstumsraten in Kauf nehmen.
Die Reformen könnten jedoch Chinas Wirtschaft zusätzlich unter Druck setzen. Die Regierung versucht Überkapazitäten wie etwa in der Solarbranche langsam abzubauen. Gleichzeitig ist das Wachstum durch die gewaltigen Schulden von Kommunen und Staatsbetrieben in Gefahr. Auch die Immobilienblase und das System an Schattenbanken stimmen Experten pessimistisch. „Wir bezweifeln, dass das Wachstum in China bereits die Talsohle erreicht hat oder sogar wieder Fahrt aufnimmt“, schreibt Nikolaus Keis von UniCredit.
Wichtige Frühindikatoren deuten zumindest auf eine leichte Verbesserung der Wirtschaftslage hin. Die Industrieproduktion legte im Juni im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 9,2 Prozent etwas stärker als erwartet zu. Auch die Sachinvestitionen lagen mit einem Plus von 17,3 leicht über Analystenerwartungen. Gleichzeitig blieben jedoch die Einzelhandelsumsätze im Juni mit 12,4 Prozent leicht hinter den Vorhersagen zurück.