Gewerkschaft der Flugsicherung warnt Personalmangel, Tarifstreitigkeiten, zu kleine Flughäfen - Droht im Sommer neues Flug-Chaos?

Frankfurt/Main · Kurz vor dem zweiten Luftfahrtgipfel in Hamburg am Donnerstag warnt die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF): Das Verspätungschaos an Deutschlands Flughäfen könnte diesen Sommer noch schlimmer werden als vergangenes Jahr.

Die Flughäfen sind an ihre Kapazitätsgrenze angelangt. Das ist ein Grund warum im Sommer ein neues Flug-Chaos droht.

Foto: dpa/Andreas Arnold

Hauptgrund für ein drohendes Flug-Chaos sei massiver Personalmangel in den Kontrollzentralen der Deutschen Flugsicherung (DFS). Dazu kamen nun auch noch Software-Probleme.

Europas größte Fluggesellschaft Lufthansa hat bereits Konsequenzen gezogen und ihr angepeiltes Wachstum für dieses Jahr halbiert. Der Luftverkehr wachse seit Jahren überproportional - "die Investitionen und die Modernisierung der Infrastruktur halten mit diesem Tempo nicht mit", sagte Konzernchef Carsten Spohr Mitte März. 2019 soll die Zahl der Flüge laut dem Branchenverband BDL um 2,3 Prozent steigen, nach 4,1 Prozent im vergangenen Jahr.

Laut Flugdatenbank des Fluggastrechteportals EUclaim sind im vergangenen Jahr mehr als 29.000 Flüge in Deutschland gestrichen worden, 8600 Flüge landeten mit mehr als drei Stunden Verspätung. 2017 waren es noch 22.000 Streichungen und 6600 Verspätungen gewesen. Besonders häufig kamen die Maschinen der Lufthansa und ihrer Tochtergesellschaften zu spät.

Fluggesellschaften kündigen Verbesserungen an

Laut Lufthansa-Chef Spohr werden ein Drittel der Verspätungen durch die Flugsicherung, ein Drittel durch die Infrastruktur und ein Drittel von den Airlines selbst verursacht. Um zumindest die durch die Fluggesellschaft zu verantwortenden Verspätungen zu reduzieren, habe die Lufthansa die Zahl der Reserveflugzeuge verdoppelt und hunderte zusätzliche Mitarbeiter abgestellt, "um stabile Abläufe zu gewähren".

Ähnliche Verbesserungen hat auch Ferienflieger TUIfly angekündigt. Er hatte im vergangenen Sommer laut EUclaim viermal so viele Verspätung wie im Vorjahr zu verantworten. Mehr Ersatzflieger und Wartungsblöcke sollen auch die Kapazitätsverluste ausgleichen, die durch das Flugverbot für die Unglücksmaschine Boeing 737 MAX 8 entstehen. TUIfly wollte als erste Gesellschaft in Deutschland Maschinen dieses Typs stationieren.

Bei Billigflieger Ryanair ist immerhin die Gefahr weiterer Verspätungen und Flugausfälle durch Streiks auf absehbare Zeit gebannt. Die Iren konnten sich vergangenes Jahr mit vielen europäischen Gewerkschaften für Piloten und Flugbegleiter auf Tarifverträge einigen.

Situation bei Sicherheitspersonal völlig offen

Auch das Sicherheitspersonal an den Flughäfen hat eigentlich einen neuen Tarifvertrag - dieser wurde von den Gewerkschaftsmitgliedern allerdings abgelehnt. Seitdem ist die Situation völlig offen. Ungemach droht Flugreisenden der Lufthansa zudem, falls der Tarifstreit des Konzerns mit der Flugbegleiter-Gewerkschaft UFO eskaliert.

Auf Dauer die größten Problemfelder liegen allerdings in der Flugsicherung und der Infrastruktur. Die Fluglotsen-Gewerkschaft GdF warnt düster: "Sollte sich der Verspätungsanteil der Deutschen Flugsicherung GmbH in diesem Jahr nicht mehr als verdoppeln, so könnte man das schon als einen Erfolg bezeichnen - allerdings erscheint diese Erwartung unrealistisch".

Zwar sei beim letzten Luftfahrtgipfel im Oktober eine Erhöhung der Zahl der Auszubildenden vereinbart worden. Doch sei sie viel zu niedrig, um den künftigen Bedarf zu decken.

Flughäfen arbeiten an Kapazitätsgrenze

Selbst wenn es genügend Fluglotsen gäbe, arbeiten zahlreiche Flughäfen derzeit schon an ihrer Kapazitätsgrenze. Nachtflugverbote etwa in Frankfurt am Main und Lärmschutzvorgaben etwa in Düsseldorf schränken das Wachstum ein. In München wird seit Jahren ergebnislos über den Bau einer dritten Startbahn gestritten. Und der neue Berliner Flughafen sollte eigentlich schon seit Jahren laufen, die Eröffnung verzögert sich jedoch immer weiter - außerdem ist er jetzt schon zu klein für die erwarteten Passagierströme.

(AFP)