Schlechtere Getreideernte Preise für Brot und andere Backwaren werden leicht steigen

Frankfurt/Main (dpa) - Die Deutschen gelten als „Brot-Weltmeister“ - mehr als 90 Prozent der Bundesbürger essen täglich Brot und andere Backwaren. Seit Jahren sind die Preise für Produkte aus den Backöfen relativ stabil.

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Doch künftig werden Verbraucher für Brot, Brötchen und Kleingebäck wohl etwas tiefer in die Tasche greifen müssen. Die Bäckereibranche begründet dies aber hauptsächlich nicht mit den teils drastischen Ernteausfällen und gestiegenen Getreidepreisen.

Zu Buche schlagen würden vor allem Mehrkosten durch die Lkw-Maut, höhere Löhne sowie gestiegene Hygiene- und Qualitätsstandards: „Hier drückt der Schuh“, sagte die Präsidentin des Verbandes Deutscher Großbäckereien, Ulrike Detmers, in Frankfurt. Dies seien die wesentlichen Kostentreiber. Höhere Getreidepreise seien natürlich zu spüren, aber „nicht so krass“. Unterm Strich aber müssten sich Verbraucher auf „tendenziell leicht steigende“ Preise einstellen.

Wegen der extremen Trockenheit haben die Bauern in diesem Jahr eine deutlich schlechtere Getreideernte eingefahren. Der Bauernverband machte für dieses Jahr ein Minus von 22 Prozent aus im Vergleich zum Vorjahr. Rückläufige Erntemengen in Europa und anderen Regionen hätten zu höheren Preisen geführt. Was ein Blick auf die Notierungen an der europäischen Warenterminbörse in Paris bestätigt: Im Januar lag die Weizen-Notierung bei 155 Euro, seit Ende Juli bewegt sie sich zumeist oberhalb von 200 Euro. Für Brotgetreide mit guter Qualität sind nach Darstellung des Verbandes Deutscher Mühlen aktuell deutliche Aufschläge fällig. Der Rohstoffeinkauf mache in Mühlen rund 80 Prozent der Kosten aus: „Es ist klar, dass höhere Kosten für die Rohstoffbeschaffung in der Kalkulation der Betriebe Berücksichtigung finden müssen“, heißt es bei den Mühlenbetreibern.

Aus Expertensicht dürften höhere Rohstoffkosten kein Auslöser für stark steigende Brotpreise sein. Denn der Rohstoffpreis mache nur einen kleinen Anteil aus. Der Hauptgeschäftsführer des Großbäckerei-Verbandes, Armin Juncker, wartet neue Lieferverträge mit Mühlen ab, die gegen Jahresende abgeschlossen würden. Die Mühlenwirtschaft fordere einen Aufschlag von bis zu 25 und 30 Prozent: „Da muss man abwarten, wie die Verhandlungen tatsächlich laufen. Das wird nicht so heiß gegessen wie es gekocht wird.“

Glaubt man Detmers, ist der Brotpreis für Konsumenten ohnehin nicht mehr das Entscheidende. Neben Qualität und Geschmack zählten Bequemlichkeit und Zeitgewinn, sagte die Verbandspräsidentin, die auch Gesellschafterin und Sprecherin der Mestemacher-Gruppe ist. Der Außer-Haus-Verzehr nehme zu, die Deutschen seien mobiler, die Kaufkraft sei gestiegen. Die Reisefreudigkeit treibe die Nachfrage nach internationalen Spezialitäten, die ethnische Vielfalt hierzulande mache sich auch auf dem Brotmarkt bemerkbar.

Die Vielfalt bei Brot und Kleingebäck in Deutschland galt schon bisher als weltweit einmalig. Nach einer Umfrage der Vereinigung Getreide-, Markt- und Ernährungsforschung (GMF) im Auftrag der CMA stehen auf der „Brot-Hitliste“ Vollkornbrote ganz oben, gefolgt von Mehrkorn-, Spezial- und Roggenbroten. Der durchschnittliche Backwarenverbrauch hat sich in den vergangenen 25 Jahren laut GMF zwischen 80 und 86 Kilogramm pro Kopf und Jahr bewegt.

Der Markt ist lukrativ und umkämpft, in der Discounter-Hochburg Deutschland mischen Aldi, Lidl und Co. mit. Vom veränderten Kaufverhalten profitieren vor allem Großbäckereien. Noch gilt der traditionelle Bäcker als wichtigster Anbieter, er verliert aber rasant an Marktanteilen. Allein zwischen den Jahren 2000 und 2016 ging die Zahl der Bäckereien nach Angaben der Branche von knapp 20.300 auf gut 11.800 zurück. Handwerksbetriebe stehen in Konkurrenz zu etwa 300 großen Filialbäckereien und etwa 100 industriellen Herstellern. Auf die rund 300 Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als zehn Millionen Euro entfallen nach Verbandsangaben knapp 60 Prozent des Gesamtumsatzes. Der ist nach aktuellsten Zahlen 2016 auf 20,1 Milliarden Euro geklettert - nach 15,7 Milliarden im Jahr 2000.

Angesichts des Wachstums suchen Großbäckereien händeringend nach Arbeitskräften. Was nicht an den Löhnen liege, sondern vielmehr an teils harten Arbeitsbedingungen, sagte Detmers. Nicht nur das Image von Großbäckereien als Arbeitgeber müsse aufpoliert werden. Nötig sei auch eine intelligente Zuwanderung nach dem Punkte-Modell Kanadas. Auch sollten private Arbeitsvermittler stärker zum Zuge kommen - und etwa bei der Vermittlung von Migranten mit Prämien belohnt werden.