Prokon rechnet mit Rücknahme von gekündigten Genussrechten

Itzehoe (dpa) - Der Windanlagen-Finanzierer Prokon warb mit hohen Renditen und sammelte bei Kleinanlegern rund 1,4 Milliarden Euro ein. Bis Montag sollen die Anleger entscheiden, ob sie ihr Geld vorerst nicht aus der insolvenzbedrohten Firma ziehen.

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Einen Tag vor Ablauf einer wichtigen Frist gibt es bei der von Insolvenz bedrohten Windanlagen-Firma Prokon nach Einschätzung des Unternehmens vorsichtige Zeichen der Entspannung. Nachdem zuletzt bekanntgeworden war, dass Anleger 227 Millionen von 1,4 Milliarden Euro an Genusskapital gekündigt haben, sei die Zahl der Kündigungen derzeit rückläufig, sagte Prokon-Kundenberater Michael Pohl vom Standort Itzehoe (Schleswig-Holstein) am Sonntag der Nachrichtenagentur dpa: „Wir gehen von einer Rücknahme der Kündigungen aus.“ Eine genaue Zahl könne er aber nicht nennen, sagte Pohl. Der aktuelle Stand sei ihm nicht im Detail bekannt.

Prokon-Chef Carsten Rodbertus hatte in einem Schreiben vom 10. Januar seinen Anlegern erklärt, noch im Januar drohe eine Planinsolvenz, falls mehr als fünf Prozent des Genussrechtskapitals abgezogen würden. Bis Montag (20. Januar) sollten sich die Anleger erklären, ob sie ihr Geld vorerst nicht aus dem Unternehmen ziehen.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hatte wegen des umstrittenen Schreibens eine einstweilige Verfügung gegen Prokon beantragt. Die Verbraucherschützer warfen dem Unternehmen vor, die Inhaber der Genussrechte unangemessen unter Druck zu setzen. Rodbertus hat die Anleger mittlerweile um Entschuldigung gebeten.

Auf seiner Internetseite veröffentlichte Prokon am Wochenende ständig aktualisierte Zahlen von Genussrechtsinhabern, die sich entschieden hätten, „ihre Genussrechte zu halten, zu erhöhen oder ausgesprochene Kündigungen zurückzunehmen“. Am Sonntagabend waren es demnach (Stand 17.00 Uhr) 32 245 Anleger mit einem Kapital von gut 628 Millionen Euro - weniger als die Hälfte aller 75 300 Anleger.

Derzeit würden bei Prokon alle Kündigungen und Widerrufe auf ihren Eingang überprüft und einem zeitlichen Stempel zugeordnet, erklärte Pohl. Bis zum Montagabend gegen 22.00 Uhr werde man wahrscheinlich die Auswertungen voll durchfahren. Mit einer Bekanntgabe des Ergebnisses sei wohl eher erst am Dienstag zu rechnen.

Ob es tatsächlich in der kommenden Woche zu einer Insolvenz kommt, ist also weiter offen - zumal Prokon am Freitag selbst Zweifel geäußert hatte. Rodbertus zitierte einen erfahrenen Insolvenzberater, nach dessen Einschätzung die gekündigten Genussrechte möglicherweise keine fälligen Forderungen im Sinne des Insolvenzrechts seien. Da sonst keine offenen Forderungen anderer Gläubiger vorlägen, gebe es auch keine Zahlungsunfähigkeit.

Derzeit kann Prokon weder Zinsen noch gekündigtes Genusskapital ausbezahlen. Das Unternehmen, das in erneuerbare Energien investiert, hat sein Geschäft fast komplett über kurzfristiges Genusskapital finanziert und ist in eine Liquiditätsklemme geraten. Prokon beschäftigt rund 1300 Mitarbeiter.