Prozess um Schienenkartell: Verteidiger rügt „Kesseltreiben“

Bochum (dpa) - Vier Jahre nach der Aufdeckung des sogenannten Schienenkartells hat in Bochum der Prozess gegen die mutmaßlichen Haupttäter begonnen. Sieben Manager aus der Stahlbranche - darunter zwei ehemalige Vorstände von ThyssenKrupp - sind wegen illegaler Kartellabsprachen angeklagt.

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Die Männer sollen jahrelang Preise und Liefermengen für Schienen abgesprochen haben. Beim Prozessauftakt vor dem Landgericht Bochum am sprach einer der Verteidiger von einem „Kesseltreiben“ gegen die Angeklagten. Tatsächlich habe ThyssenKrupp als Gesamtorganisation versagt.

Vor Gericht geht es um geheime Treffen und wettbewerbswidrige Absprachen. Die 57 und 72 Jahre alten ehemaligen Vorstandsmitglieder sollen zwar nicht persönlich an den Kartelltreffen teilgenommen, die mutmaßlich illegalen Machenschaften aber gedeckt und gefördert haben. Zum Prozessauftakt haben sie sich dazu noch nicht geäußert. Der ältere der beiden Hauptangeklagten will sogar komplett schweigen - auch zu seinem Lebenslauf. „Das ist auch ein Zeichen seiner Ohnmacht“, sagte Verteidiger Tobias Eggers den Richtern.

Im Falle einer Verurteilung - ohne Geständnis - drohen dem 72-Jährigen zwischen ein und zwei Jahre Haft. Das geht aus dem Protokoll eines internen Vorgesprächs aller Prozessbeteiligten hervor, das am ersten Verhandlungstag verlesen wurde. Auch die Staatsanwaltschaft hält das für realistisch. Über die Möglichkeit einer Aussetzung der Strafe zur Bewährung wurden bei der internen Vorbesprechung keine eindeutigen Angaben gemacht.

Die Anklage der Staatsanwaltschaft umfasst die Jahre 2006 bis 2011. Der Schaden für die Deutsche Bahn liegt angeblich im dreistelligen Millionenbereich. Während die beiden ehemaligen Vorstände von ThyssenKrupp schweigen beziehungsweise die Vorwürfe bestreiten wollen, haben einige der anderen Angeklagten Geständnisse angekündigt.

Die Strafverfahren gegen sechs ehemalige Manager des österreichischen Stahlkonzerns Voestalpine und einen Ex-Mitarbeiter von ThyssenKrupp waren in einem ersten Prozess im Mai 2015 gegen Zahlung von insgesamt 290 000 Euro eingestellt worden. Auch im aktuellen Prozess ist die Einstellung der Verfahren gegen einige der Angeklagten nicht ausgeschlossen. Das geht ebenfalls aus den vom Gericht verlesenen Protokollen der Vorgespräche hervor.