Transparenz beim Essen Regionale Lebensmittel und der Wettlauf gegen die Zeit
Die Verbraucher wollen mehr Transparenz beim Essen. Aber immer mehr kleine Bauernhöfe müssen aufgeben.
Düsseldorf. Noch ist die deutsche Agrarpolitik in weiten Teilen auf den Export ausgerichtet. Aber der Einbruch der Nachfrage in China habe auch unter den Milchbauern viele Kollegen zum Nachdenken gebracht, sagt Hubertus Fehring, Biobauer und CDU-Abgeordneter im Düsseldorfer Landtag. Die Gegenbewegung, die auf den Aufbau regionaler Wirtschaftskreisläufe setzt, ist noch zart, aber sie wächst. Und sie findet Unterstützer quer durch das Parteienspektrum.
Seit dem vergangenen Jahr hat der 2005 gegründete Bundesverband „Die Regionalbewegung“ auch einen nordrhein-westfälischen Ableger. Und der hat sich zum Ziel gesetzt, überschaubare, weniger krisenanfällige Strukturen zu erhalten — nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch im Bäckerei- und Metzgerhandwerk.
Denn das Bedürfnis der Verbraucher, Lebensmittel zu kaufen, deren Herkunft sie überprüfen können, nimmt zu. „Die Zahl der Menschen, die wissen wollen, woher ihr Essen stammt, hat sich verdoppelt“, sagt Valentin Thurn, Vorsitzender des Ernährungsrates Köln und Umgebung. Regionalität rangiert dabei laut Umfragen noch vor dem Bio-Anbau.
Aber auf der anderen Seite geben immer mehr kleine Bauernhöfe auf, die diese Versorgung überhaupt noch gewährleisten könnten. Daher wird die Förderung einer regionalen (Selbst-)Vermarktung zum Wettlauf gegen die Zeit. „In zehn Jahren wird es nur noch einen Bruchteil der Bauernhöfe geben“, prophezeit Brigitte Hilcher, Vorsitzende des Landesverbandes Regionalbewegung NRW. Und mit jedem Metzger, der aufgibt, fehlt auch ihnen wieder ein potenzieller regionaler Abnehmer.
Wichtig wäre, ein Netzwerk aufzubauen, um beispielsweise regionale Erzeuger und Großküchen als Abnehmer zusammenzubringen. „Bis ein regionaler Warenfluss erzeugt ist, müssen dicke Bretter gebohrt werden“, sagt Bruno Jöbkes, Bundestagskandidat der Grünen im Kreis Kleve. Denn die Ernährungsindustrie liefert normierte Produkte, die den Großabnehmern in ihren Abläufen entgegenkommen. Kleinere Produzenten vor Ort können diese Normen und auch große Mengen oft nicht garantieren.
Für die NRW-Landtagsabgeordnete Annette Watermann-Krass (SPD) kommen die treibenden Kräfte für eine Regionalisierung aus dem städtischen Raum. Darum haben Bauern es im Großraum der Zentren auch leichter, ihre Produkte vor Ort zu vermarkten. In der Fläche werden die Strecken, die die Verbraucher zurücklegen müssen, größer. „Aber wir werden die Landwirte nur behalten, wenn sie davon leben können.“
Ein wesentlicher Punkt der Förderung wäre ein Bürokratieabbau für die kleineren Betriebe, wie ihn auch der Düsseldorfer FDP-Landtagskandidat Sönke Willms-Heyng fordert. Doch andererseits ist Bürokratie notwendig, um beispielsweise nachweisen zu können, wie und wo die Tiere gelebt, gehalten und geschlachtet wurden. Auch die Verwendung von EU-Fördermitteln und die Einhaltung der Hygiene müssen kontrolliert werden. Jöbkes plädiert daher für eine „beratende Kontrolle“, die die Landwirte unterstützt, statt sie zu sanktionieren.
Ernährungsräte entstehen nach dem Kölner Vorbild mittlerweile an vielen Orten in NRW, in Bielefeld gerade auf Antrag der CDU. Auf Land, Bund und EU vertrauen sie dabei nicht. Die Veränderung, da sind sich alle einig, muss von der Basis kommen.