Sanktionen gegen Russland: Deutsche Wirtschaft fürchtet Folgen

Berlin/Moskau (dpa) - Die wachsenden Spannungen zwischen Russland und dem Westen bereiten deutschen Unternehmen Sorgen. Der Absatzmarkt im Osten könnte schrumpfen und damit deutsche Exporte bremsen. Der russische Finanzmarkt erhielt bereits heute einen kräftigen Dämpfer.

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Die deutsche Wirtschaft wird nach Einschätzung von Außenhandelspräsident Anton F. Börner unter den verschärften Sanktionen gegen Russland zu leiden haben. „Selbstverständlich haben die aktuellen Sanktionsverschärfungen zur Folge, dass die deutsch-russischen Handelsbeziehungen weiter beeinträchtigt werden“, sagte Börner „Handelsblatt Online“. Ökonomen warnen jedoch vor Panik.

Mit der Öl- und Gasindustrie werde eine der wenigen Branchen ins Visier genommen, in denen Russland weltmarktfähig sei, sagte Börner, der Präsident beim Bundesverbandes des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA) ist. „Wenn die Einnahmen aus diesem Sektor einbrechen sollten, wird Russland auch über weniger Devisen für den Kauf deutscher Produkte, etwa für Maschinen und Anlagen verfügen, worunter dann die deutschen Hersteller leiden.“

DIW-Chef Marcel Fratzscher schätzt aber das Risiko eines Wirtschaftskrieges zwischen dem Westen und Russland als gering ein. „Die Sanktionen der USA und der EU sind clever, weil sie sich gezielt auf Institutionen beschränken, die eine enge Verbindung zum russischen Staat haben. Dies macht es schwieriger für Russland Sanktionen zu erwidern“, sagte Fratzscher „Handelsblatt Online“.

Der EU-Gipfel in Brüssel hatte erstmals Sanktionen gegen russische Unternehmen beschlossen, wenn diese zur Destabilisierung der Ukraine beitrügen. Die Union werde auch prüfen, ob milliardenschwere Oligarchen oder Konzerne, die die Annexion der Krim unterstützen, auf die schwarze Liste kommen, hieß es in einer Gipfelerklärung. Die USA belegten unter anderem den staatlich kontrollierten russischen Erdöl-Riesen Rosneft und den weltbekannten Waffenhersteller Kalaschnikow mit Sanktionen.

Die verschärften Sanktionen trafen den Aktienmarkt in Moskau am Donnerstag hart. Der RTS-Interfax-Börsenindex fiel in der Spitze um bis zu 3,7 Prozent und lag damit auf dem tiefsten Stand seit Anfang Juni. Besonders stark fielen Rosneft-Aktien. Die Staatsanleihen des Landes gerieten ebenfalls unter Druck. Der Rubel verlor gegenüber dem Euro und dem Dollar deutlich an Wert. Die Zuspitzung der Lage in der Ukraine belastete zunächst auch den deutschen Aktienmarkt, der später aber wieder aufholte. Hier standen die Kurse der Energiekonzerne RWE und Eon sowie der besonders in Russland engagierten Handelskette Metro zeitweise unter Druck.

„Eine große Sorge für deutsche Unternehmen ist die hohe Unsicherheit, die durch diesen Konflikt entstanden ist“, erklärte Fratzscher. „Sie erschwert langfristige Investitionsentscheidungen für deutsche Unternehmen in Russland.“ BGA-Präsident Börner betonte, „ob und wie weit sich die Eskalationsspirale noch dreht, ist völlig ungewiss.“ Dies hänge an glaubwürdigen Schritten Russlands zur Deeskalation der Ukraine-Krise. „Die deutsche Wirtschaft hat auf diese Prozesse nur wenig bis gar keinen Einfluss und folgt politischen Vorgaben“, sagte Börner „Handelsblatt online“.

Fratzscher betonte, das gemeinsame Handeln der EU und USA sei „äußerst wichtig um Russland zu verdeutlichen, dass es einen Handelskrieg nicht gewinnen kann“. Russland werde einen sehr viel höheren wirtschaftlichen Preis für einen Handelskonflikt zahlen als der Westen. Allerdings wären die Kosten für die EU und Deutschland deutlich höher als für die USA. Vor allem die Abhängigkeit von russischem Gas könne einen Konflikt für Deutschland schmerzvoll machen.