SAP: Das Ende der Doppelspitze

Jim Snabe hört auf. Bill McDermott wird alleiniger Chef. Belegschaft bangt um den Firmensitz.

Walldorf. Vor wenigen Tagen war noch alles wie immer. „Ich übergebe an meinen Partner und Freund Jim Hagemann Snabe“, sagte Bill McDermott bei den Quartalszahlen vergangene Woche. Die Formulierung wird der 51-Jährige in Zukunft nicht mehr verwenden können. Die Doppelspitze wird es ab Mai 2014 nicht mehr geben. Das Traumpaar bei SAP trennt sich.

McDermott und Snabe galten als perfekte Ergänzung: Das Verkaufstalent und der analytisch denkende Mathematiker. Der euphorischere Amerikaner und der empathischere Däne. Nun wird McDermott, der im Gegensatz zu Snabe nur einige Brocken Deutsch spricht, den Konzern alleine führen. Von welchem Standort aus, sei noch offen, sagte ein Sprecher. McDermott hatte seinen Arbeitsplatz bislang an einem der drei US-Standorte der Firma in Pennsylvania.

In zehn Monaten, nach der Hauptversammlung im Mai 2014, wird Snabe den Vorstandsvorsitz abgeben und in den Aufsichtsrat wechseln. Aufsichtsratschef Hasso Plattner, der allein fast 10 Prozent der Anteile hält, hatte Snabe selbst den Vorschlag gemacht, der Firma wenigstens als Aufsichtsrat erhalten zu bleiben.

Einen Konflikt habe es nicht gegeben, heißt es in Unternehmenskreisen. Snabe begründet den Wunsch, seinen Vertrag aufzulösen, mit seiner Familie. „Das ist in den letzten Jahren sehr zu kurz gekommen“, sagte der 47-jährige Däne. Seine Frau und seine beiden Kinder leben in der Nähe von Kopenhagen, er sieht sie nur am Wochenende.

Mit dem Weggang von Snabe nimmt der Anteil der Europäer im Vorstand weiter ab. „Das ist eine Schwächung des Standorts Deutschland“, sagte Betriebsratschef Stefan Kohl. „Es gibt niemanden im Vorstand mehr, der SAP in Deutschland oder Europa als CEO repräsentieren kann.“ In der Belegschaft macht sich die Sorge breit, dass SAP sich zusehends in die USA verlagern könnte.

Im Mai hatte SAP die Leitung seiner Kommunikationsabteilung ins kalifornische Palo Alto verlegt. Dort sind bereits wichtige Entwicklungsbereiche angesiedelt. Und Aufsichtsratschef Plattner wird nicht müde, die Vorzüge des Silicon Valley zu loben. „Deren Wille, zu gewinnen, ist enorm — höher als in Deutschland“, sagte er jüngst im Interview mit der „Wirtschaftswoche“.

2014 soll SAP in eine europäische Aktiengesellschaft (SE) umgewandelt werden, wenn die Aktionäre zustimmen. „Die Umwandlung in die SE macht es einfacher, den Firmensitz zu verlagern“, sagt Betriebsratschef Kohl. Ein SAP-Sprecher beschwichtigt: „Es gibt keinerlei Überlegungen den Unternehmenssitz zu verlagern.“

In der Branche fragt man sich auch, wie die Kunden reagieren werden. Snabe hatte einen guten Ruf bei den europäischen Firmen, sagt ein SAP-Kenner, der auch mit Kunden zusammenarbeitet. McDermotts „amerikanische“ Art komme dagegen gar nicht so gut an.