Schiesser, Ahoj, Afri Cola: Nostalgie belebt das Geschäft
Immer mehr Firmen nutzen die Retro-Welle und setzen mit Erfolg auf das Comeback alter Marken.
Stuttgart. Manchmal ist der Einkaufsbummel wie ein Wiedersehen mit alten Bekannten: Im Getränkeregal stehen Bluna, Afri Cola und Ahoj Brause; das gute alte Schiesser-Doppelripp feiert ein Comeback.
Ein Selbstläufer ist das Geschäft mit den Retro-Artikeln aber nicht. „Nur eine Marke, die einen hohen Bekanntheitsgrad und ein positives Image aufweist, hat Chancen wiederaufzuerstehen“, sagt Marketingprofessor Karsten Kilian von der Hochschule Würzburg-Schweinfurt. „Positives Beispiel hierfür ist Schiesser.“
Mit dem Begriff Schiesser-Doppelripp verbanden viele vor allem eines: Liebestöter. Mittlerweile hat der aus der Insolvenz auferstandene Wäschehersteller sein Unterhemd unter dem Namen Schiesser Revival wiederbelebt. Das Hemd wird mittlerweile in Szeneläden von Berlin bis Tokio verkauft.
„Es ist ein Retro-Trend vorhanden“, sagt Schiesser-Chef Rudolf Bündgen. Schiesser nutze das vor allem, um junge Käufer anzusprechen. Um gegen das etwas angestaubte Image anzugehen, hat Schiesser nicht nur seine Optik aufpoliert, sondern setzt auch auf zusätzliche Vertriebskanäle: Der Hersteller ist auf Modemessen ebenso präsent wie mit einem eigenen Vorzeigeladen in Berlin-Mitte. Es wird jetzt sogar geprüft, eigene Hemden oder Strickjacken zu entwerfen.
„Bei verblassten Marken ist entscheidend, ob es sich um eine Marke mit Altlasten handelt oder um ein angestaubtes Juwel“, weiß Ökonom Kilian. Erfolgreiche Beispiele seien der Mini vom Autobauer BMW und das Brausepulver Ahoj-Brause, das Katjes 2002 vom insolventen Hersteller Frigeo übernahm. „Der Umsatz hat sich seither verdreifacht“, sagt Produktmanagerin Gisa Schmaltz.
Ähnlich wie Schiesser und Katjes will auch der Getränkehersteller Überkingen-Teinach vom Retro-Trend profitieren — und den Kult um die Limonaden Afri Cola und Bluna wiederbeleben. Bluna verpasste der Hersteller daher unter anderem wieder das Original-Logo.
Aber warum setzen Unternehmen überhaupt auf Nostalgie-Produkte? „Bluna und Afri Cola verfügen über eine sehr hohe Markenbekanntheit“, sagt Vorstand Michael Bartholl. Hinzu komme eine langjährige Geschichte. „All dies kann eine neue Marke nicht aufweisen.“
Manchmal sei es aber besser, sein Geld in den Aufbau einer neuen Marke zu stecken, sagt Experte Kilian. Ein Beispiel dafür sei 4711. Vor einigen Jahren übernahm das Familienunternehmen Mäurer und Wirtz das Duftwasser.
„Wir haben ein Produkt, das wir — wie ein schlafendes Dornröschen — mit einer pfiffigen Werbekampagne wieder wachküssen wollen“, hieß es bei der Übernahme. Geglückt ist das aus Sicht des Markenexperten nicht. „Die Marke ist einfach fertig. Sie hat keine relevanten Charakteristika, keine sexy Story“, sagt Kilian.