Als Einheit gegen die USA Scholz: Handelsstreit könnte EU-Integration vorantreiben
Buenos Aires (dpa) - Der Zollstreit zwischen der Europäischen Union und den USA könnte nach Einschätzung der Bundesregierung die europäische Integration vorantreiben.
„Eine wahrscheinlich gar nicht angestrebte Folgewirkung der Politik des amerikanischen Präsidenten könnte ein unglaublich beschleunigter Integrationsprozess der Europäischen Union sein“, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) beim Treffen der G20-Finanzminister und Notenbankchefs in Buenos Aires. „Nur gemeinsam werden wir stark sein in der künftigen Welt.“
Am Mittwoch reisen EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström zu Gesprächen nach Washington. Sollte US-Präsident Donald Trump im Konflikt um immer neue Zölle nicht einlenken, erwägt die EU weitere Gegenmaßnahmen. „Die EU verhandelt als Gemeinschaft. Es gibt keine bilateralen Verhandlungen einzelner Staaten der Europäischen Union“, sagte Scholz.
Allerdings zeichneten sich zuletzt Meinungsverschiedenheiten zwischen den EU-Mitgliedsländern im Umgang mit der US-Regierung ab. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will eine Verhandlungslösung und nennt neue Vergeltungszölle gegen die USA die „mit Abstand schlechtere Lösung“. Der französische Finanzminister Bruno Le Maire hingegen betonte, vor neuen Gesprächen müssten die USA zunächst ihre Zölle auf Stahl und Aluminium zurücknehmen. „Wir verhandeln nicht mit einer Pistole am Kopf“, sagte er.
Es sei wichtig, dass die EU auch künftig in Handelsfragen geschlossen bleibe, um ihre Interessen weltweit durchsetzen zu können, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) im Deutschlandfunk. Entscheidungen würden „nicht alleine in Berlin und nicht alleine in Paris getroffen, sondern eben zu einem erheblichen Teil auch in Brüssel“.
Der Handelskonflikt mit den USA könnte auch den Verhandlungen zwischen der EU und dem südamerikanischen Wirtschaftsbündnis Mercosur neuen Schwung verleihen. Die Gespräche dauern seit rund 20 Jahren an und stecken in Detailfragen über die Öffnung der Agrarmärkte und Verbraucherschutz fest. „Dieser Handelskonflikt mit den USA könnte als Turbo fungieren“, sagte der Staatssekretär im österreichischen Finanzministerium, Hubert Fuchs, in Buenos Aires. Österreich hat derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne.
„Wir wollen uns nicht einseitig einem großen Land ausliefern“, sagte Fuchs. „Wir sind bestrebt, mit sämtlichen Freihandelszonen der Welt Abkommen abzuschließen.“ Zuletzt hatten die EU und Japan ein Freihandelsabkommen abgeschlossen. „Das ist ein Zeichen an die internationale Gemeinschaft“, sagte Bundesfinanzminister Scholz in der argentinischen Hauptstadt.