Schwächeres Wachstum: China senkt erneut den Leitzins
Peking (dpa) - Wegen der unerwartet starken Abschwächung seines Wirtschaftswachstums hat China die Geldpolitik erneut gelockert. Überraschend senkte die Zentralbank am Donnerstag zum zweiten Mal in nur einem Monat die Leitzinsen.
Für Ausleihungen von einem Jahr wurden die Zinsen um 0,31 Punkte auf 6,0 Prozent gesenkt. Für Spareinlagen verringert sich der Zins um 0,25 Punkte auf 3,0 Prozent. „Die globale Wirtschaftslage ist nicht sehr optimistisch“, sagte der Wirtschaftsprofessor Liu Yuanchun von der Volksuniversität (Renmin Daxue) in Peking der Deutschen Presse-Agentur dpa. „Deswegen ist eine grundlegende Neuausrichtung der chinesischen Geldpolitik unausweichlich.“ Die erneute Leitzinserhöhung sei ein Zeichen, dass die Geldpolitik weiter gelockert werde.
Schon Anfang Juni waren beide Zinssätze zum ersten Mal seit der Finanzkrise nach der Lehmann-Pleite 2008 um 0,25 Prozentpunkte gesenkt worden. Im vergangenen Jahr hatte die Zentralbank wegen der hohen Inflation aber vielmehr drei Mal ihre Leitzinsen erhöht. Seit Juli 2011 wurden sie dann nicht mehr angetastet.
Die Notenbank änderte auch das Zinsband. Demnach dürfen die Geschäftsbanken Kredite zu Zinssätzen vergeben, die bis zu 30 Prozent niedriger sind als die von der Regierung festgelegten Sätze. Bisher war lediglich ein Abschlag von 20 Prozent erlaubt.
In seiner Mitteilung forderte die Zentralbank aber eine unverändert strikte Kontrolle des überhitzten Immobilienmarktes. Trotz der Lockerung der Geldpolitik müssten die Vorschriften für Kredite und unterschiedliche Zinsen für Immobilienprojekte streng eingehalten werden, um Spekulationen einzudämmen.
Die neue Zinssenkung erfolgt auf Anzeichen, dass Chinas Wirtschaft an Fahrt verloren hat. Im ersten Quartal war die Wirtschaft schon nur noch um 8,1 Prozent gewachsen - so wenig wie seit fast drei Jahren nicht mehr. Für das zweite Quartal wird ein weiterer Rückgang des Wachstums auf deutlich weniger als 8 Prozent erwartet. Damit würde das Wachstum im sechsten Quartal in Folge zurückgehen. Die neuen Wirtschaftsdaten werden nächste Woche Freitag verkündet.
Wegen der Schuldenkrise in Europa, Chinas größtem Handelspartner, geht die Nachfrage nach Waren „Made in China“ zurück, so dass sich die Wirtschaftslage in China ebenfalls verschlechtert hat. Einige Bankhäuser haben ihre Wachstumsprognosen für dieses Jahr auf deutlich weniger als acht Prozent reduziert.