Fahrgast-Rekord Sonnige Bilanz der Deutschen Bahn trotz Lücken im Vorstand
Berlin (dpa) - Der Dauerregen hat bislang keine Bahntrassen in Deutschland überflutet oder unterspült. Die Sonnenschein-Laune von Vorstandschef Richard Lutz konnte deshalb nichts trüben, als er in Berlin die Halbjahresbilanz der Deutschen Bahn vorlegte.
Mehr Kunden, weniger Verspätungen und ordentliche Geschäftsergebnisse: Man sei auf dem Weg, „die Bahn jeden Tag ein Stück besser zu machen“, sagte Lutz. Was wie ein Versatzstück aus einem Manager-Lehrbuch klingt, untermauerte er mit Zahlen.
Die Zahl der Bahn-Fahrgäste in Deutschland stieg, verglichen mit der ersten Jahreshälfte 2016, um 2,4 Prozent auf 1,03 Milliarden. Auch der Fernverkehr mit ICE und IC legte zu und erreichte den Rekordwert von 68,3 Millionen Fahrten. Sogar in der Sorgensparte, dem Schienengüterverkehr, ist Licht am Ende des Tunnels erkennbar.
Bei der Güterbahn-Tochter DB Cargo gebe es „das erste leichte Wachstum seit fünf Jahren“, sagte Lutz, der vor vier Monaten vom Finanzchef zum Vorsitzenden des Vorstands aufgestiegen war. Nach zwei Verlustjahren erwarte man 2017 „schwarze Zahlen im Schienengüterverkehr“, „ein knapp positives Ergebnis“, ergänzte Vorstandsmitglied Berthold Huber.
Der Aufschwung kam erst in diesem Sommer zustande, deshalb sei die Verkehrsleistung der Güterbahn europaweit im ersten Halbjahr noch geringfügig geschrumpft. Da hilft es, dass die Bundesregierung im nächsten Jahr die Trassenpreise für den Güterverkehr nahezu halbieren will. Die Grünen im Bundestag halten die Situation bei der Güterbahn für „weiterhin desolat“. Für eine Entlastung der Straßen sei der schnelle Ausbau des Schienennetzes nötig, den Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt „sträflichst vernachlässigt“ habe.
Die Bahn plant davon unabhängig deshalb eine Offensive. Noch in diesem Jahr sollen 60 Lokomotiven im Wert von 250 Millionen Euro beschafft werden. Für 2018 ist dann der Kauf der ersten 1000 von insgesamt 4000 neuen Güterwaggons geplant. Der Plan sieht zudem bis zu 700 Neueinstellungen innerhalb von fünf Jahren bei Lokführern und Rangierern sowie in den Werkstätten vor.
Die ganze Branche sähe es gerne, wenn auch der Personenverkehr auf der Schiene im Wettbewerb mit Auto, Fernbus und Flugzeug bald entlastet würde, machte Infrastruktur-Vorstand Ronald Pofalla klar. In der Luft- und Seefracht und dem Bus- und Bahnverkehr im europäischen Ausland (DB Arriva) läuft es ohnehin gut.
Weil die Konjunktur brummt und es der Bahn mit allerlei Rabatten und höherer Pünktlichkeit gelingt, mehr Reisende in die Züge zu locken, ist der Konzernumsatz in den ersten sechs Monaten des Jahres um 5,2 Prozent auf 21,1 Milliarden Euro gestiegen. Um Sonderfaktoren bereinigt, verbesserte sich das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) um 17 Prozent auf 1,18 Milliarden Euro. Unterm Strich wurde ein Gewinn von 779 Millionen Euro ausgewiesen.
Entsprechend hob die Bahn auch ihre Jahresprognose an. Es sollen nun 42,5 Milliarden Euro Umsatz werden, eine Milliarde mehr als im März angepeilt und mindestens 2,2 Milliarden Euro Ebit (statt 2,1 Milliarden). „Wir haben Wind unter den Flügeln, aber mental heben wir nicht ab“, sagte Lutz.
Vorerst will er erst einmal so weitermachen, wie es vor zwei Jahren im Programm „DB 2020 plus“ festgelegt worden sei - mit mehr Qualität und mehr Kundenservice. „Der Weg, den wir beschritten haben, ist erfolgreich. Und wenn etwas erfolgreich ist, sollte man es nicht ohne Not mit neuen Strategien, neuen Plänen oder neuen Konzepten dann wieder in die Luft werfen.“
Keine Erfolgsstory ist die Besetzung zweier Vorstandsposten, die seit März vakant sind. Lutz wollte nicht viel dazu sagen: Wie es bei der Personalentscheidung weitergehe „und wann der Aufsichtsrat den Vorstand komplettiert“, könne und wolle er nicht kommentieren. Ein Sondersitzung des Aufsichtsrats dazu war kurzfristig abgesagt worden. Um den Posten für Güterverkehr und Logistik soll es heftigen Streit geben. Favorit ist DB-Cargo-Chef Jürgen Wilder. Manche im Aufsichtsrat wollen aber unbedingt eine Frau in der Funktion sehen.