Spätes Erwachen: Politik knöpft sich Spekulanten vor
Die Regierung will Finanzjongleure mit dem Verbot von Leerverkäufen, schärferen Regeln und Steuern an die Leine legen.
Berlin. Bankenrettung, Griechen-Desaster und Euro-Rettungsschirm: Den Steuerzahlern werden immer größere Milliarden-Risiken aufgebürdet. Finanzkonzerne härter anzupacken, davor schreckte die Koalition lange zurück. Nach dem Wahldebakel in Nordrhein-Westfalen legen Union und FDP aber jetzt einen Kurswechsel hin.
In der Bevölkerung entsteht zunehmend der Eindruck, dass Banken, die schon länger wieder satte Gewinne einfahren, verschont werden. Viele Bürger sehen unheilvolle Spekulanten am Werk. Um den Unmut im Wahlvolk einzudämmen und die Opposition für das Euro-Rettungspaket zu gewinnen, haben Bundesregierung und die EU-Staaten den Spekulanten den Kampf angesagt - mit schärferen Regeln für Hedgefonds, einem Verbot bestimmter Wetten oder einer internationalen Steuer auf Finanzgeschäfte.
Spekulanten gelten als "Brandbeschleuniger". Sie wetten auch auf Staatspleiten oder setzen Finanzkonzerne mit Aktiengeschäften unter Druck. Verbote und Steuern können bestimmte Geschäfte reduzieren. Was Politiker gerne verschweigen ist, dass Spekulanten und große Fonds nur ein Teil des Problems sind. Möglich wurde die Spekulation erst, weil etliche Euro-Länder jahrelang auf Pump gelebt haben.
Die Regierung will Tatkraft zeigen. In den eigenen Reihen haben viele Abgeordnete ein starkes Signal gefordert. Das Verbot bestimmter Börsenwetten mit Aktien und Staatsanleihen kommt aber überraschend, auch weil Deutschland allein handelt. Die Nachricht jagte sogar den Profis an der New Yorker Wall Street kurz einen Schrecken ein.
Das Solo der Deutschen bei Leerverkäufen beunruhigt die Märkte angesichts globaler Finanzströme wohl weniger. Börsianer treibt eher die Sorge um, dass weitere Folterwerkzeuge ausgepackt werden - auch in anderen Ländern. Banken und Analysten lästern, das deutsche Leerverkaufsverbot zeige, wie verzweifelt die Politik auf Attacken gegen die Euro-Zone reagiere.
Sie würde auf jedes Geschäft mit Aktien, Devisen und Derivaten erhoben. SPD, Linke, Grüne und Globalisierungsgegner wie Attac halten die Steuer für das beste Rezept gegen Spekulationen. Gegner warnen, am Ende müssten die Kunden die Kosten tragen. Auch macht so eine Steuer nur Sinn, wenn sie für alle wichtigen Finanzmärkte gilt.
Ja. Auch hier sollte es eine international abgestimmte Strategie geben. Darüber wird seit Jahren erfolglos gestritten. Der boomende Finanzplatz Singapur wartet schon auf aus Europa flüchtende Fonds.