Spaniens Bankenkrise spitzt sich zu
Madrid/Frankfurt/Brüssel (dpa) - Die spanische Bankenkrise spitzt sich zu. Beteuerungen der spanischen Regierung, die notwendige Milliardenunterstützung für marode Banken ohne europäische Hilfe stemmen zu können, wird an den Märkten zunehmend misstraut.
Die EU-Kommission geht jedoch weiter davon aus, dass Spanien aus eigener Kraft seine Krise meistern wird. „Wir erkennen an, dass die spanische Regierung entschlossen ist, die Bankenbranche wirksam und nachhaltig zu stützen“, sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn am Dienstag in Brüssel. Die Regierung in Madrid unternehme „alles Notwendige“. Gerüchte, dass Spanien letztlich Geld aus dem Euro-Rettungsfonds beantragen müsse, seien „vollkommen spekulativ“. Es gebe keinen Antrag auf solche Unterstützung.
Am Dienstag setzte sich die Talfahrt der Bankenkurse fort. Die Muttergesellschaft BFA der spanischen Krisenbank Bankia hatte zuvor für 2011 Verluste in Milliardenhöhe eingeräumt, nachdem noch im April für das Vorjahr Gewinne ausgewiesen wurden. In der Rezession schnallen die spanischen Verbraucher den Gürtel noch enger. Der Einzelhandel beklagt drastische Umsatzeinbrüche.
Im Jahresvergleich meldete die Statistikbehörde des Landes am Dienstag einen Rückgang der Umsätze um 11,3 Prozent. Dies ist der stärkste Einbruch seit dem Februar 2009. Im jüngsten Monatsbericht der spanischen Notenbank warnen die Währungshüter vor einem weiteren Abrutschen der spanischen Wirtschaft in die Rezession. Jüngste Indikatoren deuteten darauf hin, dass die Produktion in den Monaten April bis einschließlich Juni zurückfallen wird, hieß es im dem Bericht. Spanien ist im Zuge einer harten Sparpolitik im Kampf gegen die Schuldenkrise zum zweiten Mal nach 2009 in eine Rezession geschlittert.
Der Aktienkurs der maroden Großbank Bankia stürzte noch tiefer in den Keller. Zeitweise fiel die Aktie um mehr als 6 Prozent. Die Bankia-Muttergesellschaft BFA musste ihre Zahlen des Vorjahres korrigieren. Nach einer Neubewertung fiel ein Verlust von 3,3 Milliarden Euro an, erst kürzlich das Unternehmen für 2011 noch einen Gewinn von 41 Millionen Euro ausgewiesen. Bankia, Spaniens viertgrößte Bank, hatte am Freitag ebenfalls ihre Bilanz korrigiert und einen Verlust von knapp 3,0 Milliarden Euro eingeräumt.
Das Geldhaus hatte beim spanischen Staat eine Kapitalhilfe von insgesamt mehr als 23 Milliarden Euro erbeten. Die Krise der Bank führte dazu, dass Spanien wieder verstärkt in den Strudel der Schulden- und Finanzkrise geriet. Aus den korrigierten Bilanzen geht nach Angaben der Zeitung „El País“ hervor, dass die Bankia-Gruppe in ihren Büchern „faule“ Immobilienkredite über einen Gesamtwert von 40 Milliarden Euro führt, weit mehr als jede andere spanische Bank.
Dennoch will die spanische Regierung nach wie vor keine internationalen Finanzhilfen im Kampf gegen die Bankenkrise in Anspruch nehmen. Diese Haltung der Regierung in Madrid „kann den Finanzmärkten nicht gefallen“, kommentierte Commerzbank-Experte Lutz Karpowitz. Zuletzt hätten Griechenland, Portugal und Irland auch „bis zur letzten Minute behauptet, es ohne fremde Hilfe schaffen zu können, bevor sie schließlich Hilfe in Anspruch nehmen mussten“.
Die Märkte reagieren weiter hochnervös auf die negativen Nachrichten. Vor allem Spanien muss immer tiefer in die Tasche greifen, um neues Geld an den Kapitalmärkten aufzunehmen. Auch Italien stößt auf stärkeres Misstrauen. Am Dienstag wurden zwar erfolgreich am Geldmarkt 8,5 Milliarden Euro aufgenommen, wie die italienische Finanzagentur in Rom mitteilte. Das Land musste aber wiederum eine höhere Rendite bieten.
Deutsche Staatsanleihen stehen dagegen weiter hoch im Kurs. Der deutsche Staat muss immer weniger für die Schuldenaufnahme zahlen. Am Dienstag fiel die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe auf ein neues Rekordtief von 1,347 Prozent.
Die angeschlagenen griechischen Banken haben inzwischen 18 Milliarden Euro erhalten. Das Geld sei am Montag an die vier größten Institute (National Bank of Greece, Alpha Bank, Eurobank und Piraeus Bank) überwiesen worden, teilte das griechische Finanzministerium am Dienstagmorgen mit. Die Gelder stammen aus dem Hilfsprogramm in Höhe von 130 Milliarden Euro für Griechenland, die der Euro-Rettungsschirm EFSF in mehreren Tranchen auszahlen soll.