Wirtschaft Strom vom eigenen Dach — auch für Mieter

Eigenmarke-Solarstrom war lange Privileg der Hausbesitzer. Das soll sich ändern. Mit einem neuen Gesetz und einem NRW-Fördertopf.

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Düsseldorf. Solarstrom vom eigenen Hausdach — billig und mit gutem Gewissen verbunden — war bislang ein Privileg der Eigenheimbesitzer. Das soll sich allerdings ändern. Das Bundeswirtschaftsministerium hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, um künftig auch Mietern den grünen Strom vom Dach zu ermöglichen — er wird jetzt im Kabinett vorgelegt und soll noch vor der Sommerpause verabschiedet werden. In NRW werden zudem seit Ende des vergangenen Jahres Projekte für den sogenannten „Mieterstrom“ gefödert. Gute Beispiele für das Modell gibt es hierzulande bereits.

In Hattingen im Ennepe-Ruhr-Kreis wird Ende dieses Monats mit dem Bau einer Photovoltaikanlage auf dem Dach eines Mietshauses mit 15 Wohnungen begonnen. Es ist das erste NRW-Projekt zum Mieterstrom der Naturstrom-AG aus Düsseldorf — 20 gibt es in anderen Teilen der Republik bereits. „Es ist eine Dreier-Konstellation, bei der alle gewinnen“, erklärt Naturstrom-Sprecher Tim Loppe: Sein Unternehmen baut die Anlage aufs Dach, betreibt sie und gewinnt die Mieter (hoffentlich) als neue Kunden; der Eigentümer des Gebäudes — die örtliche Wohnungsgenossenschaft — wertet seine Immobilie auf; und für die Mieter wird der hausgemachte Strom günstiger sein als der Standardtarif ihres regionalen Anbieters. Wobei es für sie keinen Zwang gibt, den Solarstrom vom Dach zu beziehen — sie haben die freie Wahl.

Obwohl das Modell so logisch und gewinnbringend klingt, „steckt es noch in den Kinderschuhen“, erklärt Loppe: „Mieterstrom lohnt sich noch nicht überall.“ Er lohnt sich vor allem da, wo die Entgelte für den Stromtransport im Netz besonders hoch sind, der direkt im Haus produzierte Eigenmarke-Strom somit im Vorteil ist. Ansonsten ist er noch kaum wirtschaftlich — auch weil anders als beim Solarstrom auf dem Eigentumshaus die volle EEG-Umlage fällig wird.

Jetzt soll ein Ausgleich geschaffen werden. Das Bundeswirtschaftsministerium hat eine Potenzialstudie in Auftrag gegeben, die zum Ergebnis kommt: Für 3,8 Millionen Wohnungen in Deutschland käme Mieterstrom infrage. Der Gesetzentwurf, der am 26. April ins Kabinett gehen soll, sieht eine gezielte Förderung der Solarenergie von Wohnhausdächern durch einen Zuschlag vor. So können „Mieter und Vermieter direkt an der Energiewende beteiligt werden“, erklärt eine Ministeriumssprecherin auf Anfrage unserer Zeitung.

„Wir begrüßen das natürlich und hoffen, dass es tatsächlich auch noch vor der Wahl passiert“, sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft. Allerdings stecke der Teufel wie so oft im Detail, der Verband fordert Nachbesserungen: So könne der Strom laut Entwurf nicht gefördert werden, wenn er auf dem Dach des Vorderhauses produziert und dann aber in eine Wohnung im Hinterhaus geliefert werde.

Ein Mieterstromprojekt mit ebendiesem Konzept allerdings gilt in NRW als leuchtendes Beispiel: „Veedel Energie“ in Köln-Longerich. Dort werden 72 Wohneinheiten in mehreren Gebäuden statt mit Solarstrom vom Dach durch Blockheizkraftwerke im Keller versorgt — und die GAG Immobilien AG als Vermieterin hat noch zahlreiche weitere Projekte am Start. „Bis zum Jahr 2018 wollen wir bei der GAG den Mieterstrom für mehr als 800 Wohneinheiten in unseren Neubauten anbieten“, sagt Vorstandsvorsitzender Uwe Eichner.

Schon seit dem vergangenen Herbst gibt es dafür einen Fördertopf in Nordrhein-Westfalen: Mieterstrom-Anlagen werden vom Land mit jeweils bis zu 30 000 Euro bezuschusst — wenn die Energie für die Mieter 1,5 Cent pro Kilowattstunde günstiger angeboten wird als vom regionalen Versorger. NRW sei damit „in Vorleistung gegangen“, betonte Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) anlässlich einer NRW-Bundesratsinitiative für eine Förderung des Mieterstroms im Februar. „Doch die Bundesregierung muss endlich einen stabilen Rechtsrahmen schaffen.“ Jetzt sieht es in der Tat danach aus, als sei dieser absehbar.