Studie: Gaspreise haben jede Menge Luft nach unten
Berlin/Hamburg (dpa) - Die Verbraucher in Deutschland profitieren bislang kaum vom Abwärtstrend der Gaspreise. Laut einer Studie im Auftrag der Grünen gingen die Preise im europäischen Großhandel von 2,71 Cent im Jahr 2013 auf 2,14 Cent im zweiten Halbjahr 2014 zurück.
Dagegen habe das Preisniveau bei den privaten Verbrauchern nur geringfügig nachgegeben. Sie zahlten 2014 im Durchschnitt 6,52 Cent je Kilowattstunde, verglichen mit 6,57 Cent im Vorjahr, heißt es in der am Dienstag in Berlin veröffentlichten Studie.
„Da andere Kostenelemente wie Netzentgelte, Steuern oder Abgaben unverändert waren, gab es offenbar eine beträchtliche Margenausweitung bei den Gasanbietern“, sagte Steffen Bukold, Autor der Studie und Inhaber des Hamburger Beratungsunternehmens EnergyComment. Nach seinen Berechnungen sind die Margen im Durchschnitt um 0,45 Cent je Kilowattstunde gestiegen.
Das summiere sich insgesamt auf einen Betrag von rund einer Milliarde Euro, der in die Taschen der Gaswirtschaft geflossen sei. Die nicht verwirklichte Entlastung für die privaten Haushalte falle mit 1,24 Milliarden Euro noch höher aus, weil noch die Mehrwertsteuer dazukommt.
Unklar ist allerdings, wo die Zusatzgewinne aus sinkenden Einkaufspreisen tatsächlich landen. Das können die regionalen und überregionalen Gasversorger, Gashändler oder Stadtwerke sein. Grund ist die komplexe Struktur der Gasversorgung in Deutschland. Die Lieferbeziehungen sind teils in langfristigen Verträgen geregelt, teils versorgen sich die Unternehmen über kurzfristige Lieferungen. Danach sind auch die Preise unterschiedlich.
Stadtwerke können mit ihren Lieferanten einen Jahresvertrag zu festen Preisen abschließen und damit das Risiko steigender Preise abwälzen. Oder sie können ganz auf kurzfristige Preisformeln setzen. Dann profitiert es von sinkenden Preisen, muss aber auch bei steigenden Preisen mehr bezahlen. Dazwischen existieren viele Mischformen zwischen kurz-, mittel- und langfristigen Lieferverträgen mit jeweils unterschiedlichen Preismodellen. Von den rund 780 Gasversorgern sind 590 im Besitz von Kommunen.
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) verwies am Dienstag auf die unterschiedlichen Einkaufsstrategien der Versorgungsunternehmen. „Allen Auftragsstudien und Durchschnittsbetrachtungen zum Trotz gilt zudem: Die Gaspreise bilden sich im Wettbewerb“, erklärte ein Verbandssprecher. Die Verbraucher hätten die Wahl zwischen zahlreichen alternativen Erdgastarifen und Anbietern. Davon machten sie auch zunehmend Gebrauch, wie die steigende Wechselquote zeige. Sie liege aktuell bei 27,6 Prozent. Zudem stehe Erdgas im Wärmemarkt auch in einem Preiswettbewerb mit anderen Energieträgern wie zum Beispiel dem leichten Heizöl.
Die Verbraucher können nun darauf hoffen, dass die Gaspreise im nächsten Jahr sinken. Rund ein Zehntel der Versorger hat bereits Preissenkungen angekündigt, im Durchschnitt um gut fünf Prozent. Den Spielraum beziffert Bukold auf acht bis zehn Prozent. „Es ist gut, dass bereits einige Gasversorger mit der Senkung der Preise angefangen haben“, sagte die Grünen-Abgeordnete Bärbel Höhn. „Das erhöht den Druck auf die anderen Versorger, die erst einmal abwarten wollen.“ Wenn nicht im Laufe der nächsten Monate eine Preissenkung ankündigt wird, sollte man einen Wechsel seines Versorgers in Betracht ziehen.